„Als Leitbetrieb sind wir in der Region sehr gut verwurzelt“

Rainer Weingraber, seit 2019 Geschäftsführer der Wittmann Battenfeld GmbH in Kottingbrunn, über die Chancen für energieeffiziente Anlagen, Kreislaufwirtschaft und die Suche nach Fachkräften für den Standort Kottingbrunn. 

Anfang des Jahres 2022 hat die Wittmann Gruppe beschlossen, eine Ein-Marken-Strategie umzusetzen – es soll nur noch das Wittmann-Logo in der Kommunikation verwendet werden. Was war der Grund dafür – wo doch der Name Wittmann Battenfeld durchaus bekannt ist?

Wir liefern unseren Kunden „One Stop Shop“-Systemlösungen, von der Spritzgussmaschine über Robotik bis hin zu Peripherieequipment. Durch die Umstellung auf eine Marke soll unsere Stärke, Gesamtlösungen anzubieten, noch deutlicher sichtbar werden.

Materialengpässe und Preissteigerungen machen den Industrieunternehmen aktuell zu schaffen. Wie geht es Wittmann damit?

Die Situation in der Supply-Chain stellt die gesamte Industrie vor Herausforderungen. Wir versuchen, den Materialengpässen mit Flexibilität in Entwicklung und Produktion sowie mit einer intensiven Zusammenarbeit mit Lieferanten zu begegnen.

Und welche Auswirkungen haben die aktuell hohen Energiekosten für Sie?

Das hat für uns sogar positive Auswirkungen, da wir uns schon vor Jahren auf die Herstellung von besonders energieeffizienten Maschinen spezialisiert haben. Unsere Kunden schätzen die Energie-Einsparungsmöglichkeiten, die sie durch unsere Anlagen bekommen. Mit ein Grund  für unsere sehr gute Auftragslage. Für unsere eigene Produktion haben die hohen Energiekosten zum Glück keine großen Auswirkungen, da wir nicht zur energieintensiven Industrie zählen. Um den Strombedarf abzudecken, installieren wir demnächst eine 600KW-starke PV-Anlage.

Die Spritzgussmaschinen von Wittmann kommen unter anderem im Automotive-Sektor zum Einsatz, der im Moment von Materialengpässen geprägt ist – Stichwort Chipmangel, Kabelbäume aus der Ukraine. Inwiefern wirkt sich das auf Ihr Unternehmen aus?

Es stimmt natürlich, dass die Automobilindustrie derzeit nicht die gewünschten Stückzahlen liefern kann. Das merkt jeder, der sich ein Auto kaufen möchte. Für uns ist es aber relevanter, ob es in der Automotive-Industrie neue Projekte und Bauarten gibt, die neue Anlagen erfordern. Und hier tut sich gerade sehr viel.

Kreislaufwirtschaft ist ein großes Thema in der Kunststoffverarbeitenden Industrie. Welche Rolle spielt sie in der Wittmann Gruppe?

Wir nehmen das Thema sehr ernst und sind mit diversen Lösungen, die direkt an der Maschine bzw. Anlage eingebracht werden, führend. Zum Beispiel ist unser „Ingrinder“ ein System zur automatischen Rückführung und direkten Wiederverwertung von Angussabfällen im Spritzgussprozess.

Wie hoch ist die Exportquote von Wittmann und wie entwickeln sich Ihre wichtigsten Exportmärkte?

Wir haben eine Exportquote von über 95 Prozent. Der wichtigste Exportmarkt ist Europa, gefolgt von Nord- und Mittelamerika. In diesen Hauptmärkten sehen wir auch das größte Wachstum.

In welchen Bereichen bekommen Sie den Fachkräftemangel zu spüren? Und was unternimmt Wittmann, um genug Fachkräfte zu finden?

Wir haben in Kottingbrunn eine sehr gute Lehrlingsausbildung und sind damit in der Lage, Fachkräfte auszubilden. Pro Jahr nehmen wir circa zehn neue Lehrlinge auf.

Aus dem Arbeitsmarkt heraus ist die Situation durch Vollbeschäftigung natürlich erschwert, das heißt der Einstellungsprozess verlängert sich teilweise deutlich. Aktuell suchen wir zum Beispiel Fachkräfte für unsere Software-Abteilung, für die mechanische Fertigung sowie Elektrotechniker. Wir setzen hier auf umfangreiches Recruitment, und in den HTLs und Hochschulen bieten wir Praktika und Studentenjobs an. Es hat sich bewährt, dass junge Leute schon vorab einen guten Einblick in die Arbeit in der Industrie bekommen.

Welche Vor- und Nachteile hat der Standort Kottingbrunn?

Kottingbrunn bietet vor allem viele Vorteile: Wir sind von den wachstumsstarken Märkten Europas umgeben und eng vernetzt mit dem Wiener und Wiener Neustädter Wirtschaftsraum. Als Leitbetrieb sind wir auch bestens in der Region verankert. Das betrifft die Attraktivität für Fachkräfte, aber auch die Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Aufgrund der Nähe zur Autobahn ist auch die Verkehrsanbindung sehr gut.

Wenn Sie drei Dinge am Industriestandort Niederösterreich ändern könnten, was würden Sie tun?

Niederösterreich ist als Industriestandort in Österreich durchaus attraktiv. Ich würde mir wünschen, dass die Themen Digitalisierung und KI weiter vorangetrieben werden. Gleiches gilt für die Qualifizierung – hier braucht es eine noch stärkere Vernetzung zwischen Unternehmen und Ausbildungsstätten. Überregional ist die konsequente Fortführung des Entlastungskurses der Betriebe wichtig. 

Die WITTMANN Gruppe ist ein weltweit führender Hersteller von Spritzgießmaschinen, Robotern und Peripheriegeräten zur Verarbeitung unterschiedlichster Arten plastifizierbarer Materialien. Gemeinsam betreiben die Unternehmen der Witmann Gruppe acht Produktionswerke in fünf Ländern, und mit ihren 34 Standorten sind die zusätzlichen Vertriebsgesellschaften auf allen Industriemärkten der Welt vertreten. Im Jahr 2021 konnte ein Gesamtumsatz von 376 Millionen Euro erreicht werden. Am Standort Kottingbrunn beschäftigt die Wittmann Gruppe circa 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weltweit 2.300. Rainer Weingraber ist seit dem Jahr 2019 bei der Wittmann Gruppe, wo er die Geschäftsführung von Georg Tinschert übernommen hat. Er blickt auf jahrelange Berufserfahrung in der Automotive- und Maschinenbauindustrie – zuletzt bei der Buehler Gruppe – zurück. Seit 2020 ist er auch Vorstandsmitglied IV-Niederösterreich.