Sie sind seit Mitte Mai CEO von ZKW: Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit dem Standort Niederösterreich gemacht?
Unsere Mitarbeiter:innen in Niederösterreich arbeiten sehr motiviert für den Erfolg des Unternehmens – sowohl unsere Techniker:innen beim Design neuer Lichtsysteme als auch die Logistik und die Fertigungsfachkräfte an den Montagelinien, die bei einer abgerissenen Lieferkette auch am Wochenende arbeiten, um unsere weltweiten Kunden rechtzeitig mit Scheinwerfern zu versorgen.
Wie gehen Sie bei ZKW mit steigenden Energiekosten und der Lieferketten-Thematik um? Wie wirkt sich das auf die gesamte Branche aus?
Die aktuellen Energiepreise treiben ZKW an die Grenzen des Machbaren. Wir sind zwar nicht besonders vom Gas abhängig (im Energiemix nur ca. 6%). Aber die Strompreise haben unsere Energiekosten mit Stand heute auf ca. 400 % des geplanten Wertes für 2022 hinaufgetrieben. Zur Orientierung: Wir verbrauchen in Wieselburg mehr als fünf Millionen KWh pro Monat. Unsere Prozesse – insbesondere bei den Spritzgussmaschinen – sind sehr energieintensiv. Andere, kleinere Automobilzulieferer überdenken ihre Produktion in Österreich und arbeiten am Abzugsplan in andere Regionen. Wir sind jedoch - und das auch in enger Abstimmung mit unserem Mutterkonzern, der LG Electronics in Korea, - committet, unseren Lieferverpflichtungen nachzukommen.
Die Automobil-Branche unterliegt – Stichwort E-Mobilität – einem Wandel. Welche Gefahren und welche Chancen sehen Sie in diesem Wandel für den Automotive-Sektor, der in Österreich der sechstgrößte Wirtschaftszweig ist?
Mir ist wichtig zu betonen, dass die Elektromobilität für ZKW eher eine Chance als eine Bedrohung darstellt. Batteriebetriebene Fahrzeuge bieten eine breitere Fahrzeugfront ohne klassischen Kühler an. Das schafft Raum für ein Fahrzeugdesign mit größeren Lichtbändern. Die Lichtfunktionen des Fahrzeugs der Zukunft werden immer umfangreicher und wichtiger. Auch Fahrzeuge aus den unteren Segmenten werden mit komplexen, high-end Lichtsystemen ausgestattet. Außerdem kommunizieren autonome Fahrzeuge durch das Licht bzw. das animierte Lichtsignal mit ihrer Umwelt. Strategisch ist ZKW auf das gesamte Lichtportfolio für Fahrzeug-Außenbeleuchtung ausgerichtet, so dass wir uns vom weltweiten Lichtmarkt für Fahrzeuge in Zukunft ein größeres Stück abschneiden.
Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht Technologieoffenheit bei der Weiterentwicklung der Automobil-Branche? Oder soll die Politik auch Technologien – wie z.B. Antriebstechnologien - stärker regulieren?
Die Politik war nie ein intimer Kenner der Technologien und sollte sich auch nicht zu weit in dieses Feld hineinbewegen. Wichtig ist, dass die Politik Rahmenbedingungen setzt und deren Einhaltung mit vernünftigen Übergangsfristen begleitet. Die Festlegung eines gleitend abnehmenden CO2 Ausstoßes der PKW-Flotte wäre vollkommend ausreichend. Die Antriebstechnologien sollten zunächst offen bleiben. Heute gehen die Politik und die Öffentlichkeit jedoch davon aus, dass eine CO2-freie Mobilität im PKW durch batterieelektrische Fahrzeuge implementiert wird. Die wichtigsten Rohstoffe für Batterien und die seltenen Erden für Elektromotoren werden extrem knapp werden - bei den seltenen Erden ist man zu 95% auf die Zulieferung aus China angewiesen. Damit treibt man die EU in eine Rohstoffabhängigkeit von China – vergleichbar mit der Energieabhängigkeit von Russland. Schon alleine aus dem Gesichtspunkt der Risikostreuung muss man in der Frage der Antriebstechnologien offen sein.
Wie sehen Sie die Zukunft des Industriestandorts Österreich? Was sind aktuell seine Vorteile, wo muss Österreich besser werden?
Die Vorteile Österreichs liegen bei den gut ausgebildeten Arbeitskräften und ihrer hohen Motivation, sowie einer hervorragenden Verkehrs- und Energieinfrastruktur. Leider herrscht auch ein Mangel an guten Arbeitskräften und das Niveau der Energiepreise ist existenzgefährdend. Es braucht eine rasche Transformation zu 100 % erneuerbarer Energie in Verbindung mit wieder akzeptablen Energiekosten als klares Signal für den Aufbau weiterer Arbeitsplätze.
Wenn Sie drei grundlegende Dinge am Industriestandort Niederösterreich ändern könnten, was würden Sie tun?
Zur Person :
Mit 16. Mai 2022 hat Dr. Wilhelm Steger die Position als CEO der ZKW Group übernommen. Der renommierte Manager war zuletzt als Top Management Consultant in der Automotive-Branche und im Private Equity Umfeld tätig. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Führungserfahrung in der Automobilindustrie – u.a. bei namhaften Unternehmen wie Siemens VDO, Continental Automotive, Delphi, Panasonic Automotive & Industrial Systems Europe und Nidec AMEC Europe.
„Mein Ziel ist es, eine zukunftssichere und stabile Entwicklung der ZKW Group als Systemlieferant für Premium-Lichtsysteme am internationalen Markt abzusichern.“, so Dr. Steger.
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