Acht Jahre waren Sie IV NÖ-Präsident. Was sagen Sie, wenn Sie auf ihre Amtszeit zurückblicken?
Ich denke, das Wichtigste in diesen acht Jahren war, dass wir ein gutes Vertrauensverhältnis mit dem Land und mit der Landesregierung
hatten. Ich glaube, es gibt weder in der Politik noch in der Bevölkerung jemanden, der sagt: ‚Ohne Industrie hätten wir n Niederösterreich die gleiche Lebensqualität und den gleichen Wohlstand. Wir haben es auch erfolgreich geschafft, die Industrie in verschiedene Projekte einzubinden, auch in solche, die ursprünglich gar nicht für die Industrie gedacht waren. Ein Beispiel ist die Digitalisierungsinitiative. Diese war ursprünglich für kleine Unternehmen konzipiert, es gab dann aber auch für große Unternehmen Fördermöglichkeiten.
Was hat Ihnen besonders Freude bereitet?
Ich habe es geschätzt, mit der Politik eng zusammenzuarbeiten, integriert und gehört zu werden. Wir haben mit politischen Vertretern
jeder Couleur eine gute Gesprächsbasis. Es freut mich zu sehen, dass alle ein offenes Ohr haben und zuhören, wenn es um die Ideenentwicklung und die Bedürfnisse der Industrie geht. Egal, ob Arbeitnehmervertreter, Arbeitgebervertreter oder politische Vertreter – es gibt das gemeinsame Interesse, dieses Land weiterzuentwickeln.
Gab es auch besondere Herausforderungen?
Die Anfangszeit der Corona-Pandemie war sicherlich eine besondere Herausforderung. Wir mussten schnell Lösungen finden, um die Industrie am Laufen zu halten. Fragen wie die Einreise von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Nachbarländern mussten kurzfristig geklärt werden.
Welche Entwicklungen und Trends haben die Industrielandschaft in Niederösterreich in den vergangenen acht Jahren besonders geprägt?
Die Digitalisierung und Automatisierung sind in der Breite der Industrie angekommen. Dadurch haben wir es geschafft, die Produktivität weiter zu erhöhen. Das ermöglicht uns letztlich, dass wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gute Löhne zahlen können.
Sie waren ein Präsident der klaren Worte und scheuten nicht, kontroversielle Themen aufzugreifen - Stichwort Fracking oder Atomkraft…
Es hat mich immer wieder überrascht, wie wenig Aufregung es eigentlich gab, wenn ich diese Themen angesprochen habe. Es gibt zwar einige, die immer dagegen sind, aber ich glaube, dass mittlerweile ein gewisses Verständnis in der Bevölkerung und sogar in der Politik vorhanden ist – nämlich dafür, dass die Energiepolitik, so wie sie aktuell betrieben wird, nicht gut enden wird. Allerdings trauen sich viele noch nicht, das offen auszusprechen. Und hier kommt unsere Verantwortung als Industrie ins Spiel: Wer, wenn nicht wir, soll auf Probleme hinweisen?
Neben der Energiepolitik ist unser größtes Problem die Bildungspolitik. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die nach der sogenannten Pflichtschule nicht lesen, schreiben und rechnen können, ist besorgniserregend. Hier müssen wir uns ernsthaft fragen, ob die Politik versagt hat. Die Organisation des Bildungssystems ist eine Hauptaufgabe der Politik. In eine reichen Industrieland wie Niederösterreich kann es nicht sein, dass wir nicht in der Lage sind, das Bildungssystem funktiona zu halten und junge Menschen, die die Schule besuchen, nicht die erforderlichen Fähigkeiten erwerben.
Wie wichtig ist Klarheit für den politischen Diskurs?
Ich halte das für sehr wichtig. Einerseits, weil alles andere dazu führt, dass man immer um den heißen Brei herumredet, und andererseits, weil man es auch den Menschen schuldig ist, dass man klare Ansagen macht und sagt: Wo stehen wir? Wo sind die Probleme? Wo geht es hin?
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Industrie?
Wir stehen vor einem Zeitenwandel, der sich auch um die Frage dreht: Brauchen wir die hier produzierten energieintensiven
Produkte auch in Zukunft noch oder nicht? Für betroffene Unternehmen ist es aktuell sehr schwierig, von Europa aus wettbewerbsfähig zu sein. Es ist auch entscheidend, in Österreich Gesetze zu haben, die die Gründung neuer Industriebetriebe erleichtern. Verhinder wir Projekte, erhöht sich unsere Abhängigkeit von anderen Staaten, was Rohstoffe, Hilfsstoffe und Materialien betrifft Außerdem steht uns ein Strukturwandel bevor: Künstliche Intelligenz, Mobilität der Zukunft, Energiespeicherung, Energieverteilung.
Wir müssen Sorge tragen, dass Zukunftstechnologien auch in Niederösterreich Fuß fassen. Dafür sind gut ausgebildete Fachkräfte wichtig, um Investitionen anzuziehen. Das sind meiner Meinung nach außerdem Bereiche, wo wir in Niederösterreic gute Chancen haben, Produkte für den Weltmarkt zu entwickeln.
Haben Sie schon Pläne und Ziele für die Zeit nach Ihrer Amtszeit?
Ich habe ein Unternehmen, das sich momentan in einer schwierigen Lage befindet und mit massiven Markteinbrüchen kämpft Das ist Herausforderung genug für den Moment.
Gibt es abschließend noch eine Botschaft, die Sie an die Industrie in Niederösterreich richten möchten?
Die Industrie und die IV NÖ müssen weiter lästig sein, ein bisschen der Stachel im Fleisch der Politik, und offen und klar Ding aufzeigen, die nicht passen. Die Politik neigt dazu, zu versuchen, alle in die gleiche Richtung zu lenken. Ich denke, es ist wichtig dass wir als Industrie die Dinge weiter ganz klar und schonungslos ansprechen. Man muss deswegen nicht unhöflich werden man muss nicht laut werden, aber es ist wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen.