Die nö. Industrie befindet sich mittlerweile im dritten Rezessionsjahr in Folge. Die rasant gestiegenen Kosten für Arbeit und Energie sowie hohe Abgaben belasten die Unternehmen erheblich. Zusammen mit der hohen Bürokratie und übermäßigen Regulierungen hat dies ihre Position am Weltmarkt massiv geschwächt. „Unsere Betriebe kämpfen im internationalen Wettbewerb mit massivem Ballast. Es ist nicht hinnehmbar, dass Österreich sich zum kranken Mann Europas entwickelt, weil dringend notwendige Reformen ausbleiben“, kritisiert Michaela Roither, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV-NÖ), scharf.
Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der IV-NÖ für das dritte Quartal 2024, an der 41 Unternehmen in Niederösterreich mit insgesamt 16.978 Beschäftigten teilgenommen haben, bestätigen die schwierige Lage. Das Konjunkturbarometer, mit dem das Geschäftsklima als Mittelwert zwischen der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten erfasst wird, liegt weiter im negativen Bereich bei -7,9 Punkten.
„Wir sehen, dass viele Betriebe kaum noch Spielraum haben, um ihre Kosten zu senken. Das belastet den Standort enorm“, so Roither. Sie warnt eindringlich: „Wir brauchen einen Befreiungsschlag in Form von echten, disruptiven Reformen, nur eine Bekämpfung der Symptome reicht nicht mehr. Andernfalls steuern wir in der Industrie auf eine Abwanderungswelle zu, die uns Tausende Arbeitsplätze, dem Staat Steuereinnahmen und uns als Gesellschaft langfristig Wohlstand sowie Lebensqualität kosten wird.“
Die Mehrheit der Unternehmen bewertet ihre derzeitige Geschäftslage als durchschnittlich oder schlecht. Nur knapp ein Viertel (22 Prozent) der Befragten gibt an, dass ihre Lage gut ist, während 42 Prozent von schwierigen Bedingungen berichten. Vor besonders großen Herausforderungen stehen dabei die Fahrzeugindustrie und die Papierindustrie.
Auch der Ausblick auf die kommenden sechs Monate bleibt pessimistisch. 77 Prozent der befragten Unternehmen gehen von einer gleichbleibenden Situation aus, 9 Prozent rechnen sogar mit einer deutlichen Verschlechterung. Nur 14 Prozent der Befragten erwarten eine günstigere Situation.
Der aktuelle Auftragsbestand wird gleich wie die aktuelle Geschäftslage bewertet: 42 Prozent der Unternehmen geben an, dass ihr Auftragsvolumen schlecht ist, 36 Prozent bewerten es als durchschnittlich, und nur 22 Prozent sehen es als positiv. Angesichts dieses Konjunkturbildes halten die Unternehmen weiter an einer vorsichtigen Produktionsplanung fest.
Wie die Auswertung der Umfrage zu den Auslandsaufträgen verdeutlicht, hat sich die Situation nach einem kurzen Lichtblick im zweiten Quartal 2024 drastisch verschlechtert. Der Saldo fällt von +18 Punkten auf -29 Punkte und rutscht damit tief in den negativen Bereich. Fast die Hälfte (49 Prozent) der befragten, exportierenden Unternehmen bewertet die aktuelle Nachfrage aus dem Ausland als schlecht, während lediglich 19 Prozent positive Rückmeldungen geben. „Das ist eine alarmierende Entwicklung für einen stark exportorientierten Standort wie Niederösterreich, wo Unternehmen teilweise bis zu 80 Prozent der Produkte am internationalen Markt verkaufen. Wenn die Auslandsaufträge schwächeln, trifft das unsere Unternehmen doppelt hart“, erläutert Roither.
Die Detailergebnisse der Umfrage zeigen auch, dass mit 52 Prozent nur mehr etwa die Hälfte Unternehmen ihren Beschäftigungsstand in den nächsten drei Monaten nicht verändern werden. 36 Prozent gehen von einem Personalabbau aus, nur 12 Prozent der befragten Unternehmen planen, Mitarbeiter einzustellen.
Die Erwartungen zu den Verkaufspreisen sind gemischt: 20 Prozent der Unternehmen erwarten eine Erhöhung, während 25 Prozent von sinkenden Verkaufspreisen ausgehen. 55 Prozent rechnen mit unveränderten Gegebenheiten.
Insgesamt ist die aktuelle Ertragssituation bei vielen Unternehmen angespannt. Nur 8 Prozent der Unternehmen berichten von guten Erträgen, während 34 Prozent ihre Lage als schlecht einstufen. 58 Prozent bewerten sie als durchschnittlich, jedoch verbesserungsbedürftig. Auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monaten bleiben pessimistisch. Nur 10 Prozent der Unternehmen hoffen auf eine positive Entwicklung, während 31 Prozent weiterhin von schlechten Erträgen ausgehen.
Die IV-NÖ fordert von der künftigen Bundesregierung rasche Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. „Wir brauchen endlich eine verlässliche Planungsperspektive und klare Zusagen, dass keine zusätzlichen Belastungen auf die Unternehmen zukommen“, betont Roither. Besonders wichtig sind Schaffung von Anreizen zum steuerfreien Mehrarbeiten, die massive Senkung der Lohnnebenkosten, eine größtmögliche Entbürokratisierung, die Einführung einer Lehrlings-Ausbildungsprämie, die Erhöhung der Forschungsprämie die Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030 sowie die Wiedereinführung eines Investitionsfreibetrags für Investitionen in die grüne und digitale Transformation.
Auch IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner fordert: „Es ist unsere letzte Chance, einen mutigen Kurswechsel einzuleiten. Die neue Bundesregierung muss handeln und darf nicht in den alten, reformunwilligen Mustern verharren. Ein ‚Weiter so' ist keine Option – es braucht jetzt dringend tiefgreifende Maßnahmen, um die österreichische Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen.“
Die IV-Konjunkturumfrage: Befragungsmethode
Die Befragung, die die IV-NÖ quartalsweise in Auftrag gibt, fand zwischen dem 9. September und dem 3. Oktober 2024 statt. Bei den Detailergebnissen der Konjunkturumfrage der IV kommt die folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, danach wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet. Diese Werte werden auch für die grafische Darstellung der Ergebnisse herangezogen.