Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ) für das erste Quartal 2024, an der 33 Unternehmen mit insgesamt 16.291 Beschäftigten teilgenommen haben, zeigt, wie wichtig Export und Auslandsaufträge für die heimischen Betreibe sind.
Das Konjunkturbarometer, mit dem das Geschäftsklima als Mittelwert zwischen der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten erfasst wird, hat sich im ersten Quartal wieder leicht erholt, liegt aber immer noch auf negativen -7,9 Punkten.
„Die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage zeigen ganz klar: Arbeitsplätze und Lebensstandard hängen in Niederösterreich besonders von den Auslandsaufträgen und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe ab. Erholen sich die Auslandaufträge, so erholt sich die Ertragssituation und die Arbeitsplätze bleiben im Land“, sagt IV-NÖ-Geschäftsführerin Michaela Roither. „Der Ausblick auf die kommenden Monate ist jedoch alarmierend! Da sind Debatten um eine Arbeitszeitverkürzung und neue Steuern völlig fehl am Platz und tragen nur zur Abwanderung von Investitionen und Produktionsstandorten bei. Wenn wir unseren Wohlstand und hohen Lebensstandard im Land erhalten und mit dem Rest der Welt mithalten wollen, müssen wir mehr statt weniger arbeiten“, mahnt Roither. Eine Deindustrialisierung und kürzere Arbeitszeiten wären langfristig verheerend für die Lebensqualität, das Sozialsystem und letztendlich auch die Sicherheit in unserem Land.
Die Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage ist laut Umfrage in den Industriebetrieben +9 Punkten in den negativen Bereich auf -2 Punkte gefallen. Das liegt allerdings daran, dass 23 Prozent, also fast ein Viertel aller Befragten, die Lage als „schlecht“ bewerten (Q4/2023: 16 Prozent). Nur 21 Prozent der Unternehmen bewerten diese mit „gut“ (Q4/2023: 25 Prozent) und 56 Prozent mit „befriedigend“ (Q4/2023: 59 Prozent).
Der aktuelle Auftragsbestand ist von mageren 3 Punkten im letzten Quartal auf nun
-15 Punkte in diesem Quartal gesunken. Wobei mehr als jeder dritte Betrieb, nämlich 36 Prozent der Unternehmen, den Auftragsbestand als „zu niedrig“ (Q4/2023: 20 Prozent) und 43 Prozent als „saisonüblich“ erachten (Q4/2023: 57 Prozent).
Auslandsaufträge retten die Betriebe
Die Unternehmen blicken noch immer mit großer Sorge auf das heurige Jahr und müssen sich auf schwere Entscheidungen vorbereiten. Der Ausblick auf die kommenden sechs Monate hat sich zwar von schon sehr schlechten -41 Punkten auf -14 Punkte verbessert - aber ist noch kein Grund zur Freude. Grund dafür ist, dass nur 14 Prozent der Befragten eine günstigere Geschäftslage bis zum Sommer erwarten (Q4/2023: 8 Prozent). 59 Prozent gehen von einer „gleichbleibenden“ Situation aus, und noch immer jeder vierte Betrieb, nämlich 27 Prozent, rechnen mit einer deutlichen Verschlechterung (Q4/2023: 49 Prozent) und werden vermutlich Produktionskapazitäten und Personalstand senken. Das bestätigt sich auch in der Befragung zum Beschäftigtenstand in 3 Monaten der noch immer im tiefroten Bereich bei -29 Punkten (Q4/2023: -37 Prozent) liegt.
Einzig die derzeitigen Auslandsaufträge haben sich stärker erholt und sind auf 17 Punkte (Q4/2023: -7 Prozent) in den positiven Bereich gesprungen. Hier geben nur 11 Prozent (Q4/2023: 27 Prozent) die derzeitigen Auslandsaufträge als „zu niedrig“ an, 60 Prozent (Q4/2023: 54 Prozent) als „saisonüblich“ und 29 Prozent (Q4/2023: 19) als „gut“. Wie wichtig die Auslandsaufträge für die heimische Industrie also sind, sieht man direkt in der derzeitigen Ertragssituation, die nach einem Jahr nun endlich wieder im grünen Bereich bei 7 Punkten (Q4/2023: -3) liegt. Die Ertragssituation wird nur von 20 Prozent (Q4/2023: 15 Prozent) für gut befunden.
Die stabilisierten Auslandsaufträge allein geben nur wenig Grund zur Zuversicht, solange die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen schwach bleibt. Das spiegelt sich in den erwarteten Ergebnissen für die Produktionstätigkeit in 3 Monaten die auf -7 Punkten (Q4/2023: -19 Punkte), den Verkaufspreisen in 3 Monaten die auf -3 Punkten (Q4/2023: -29 Punkte), der Produktionskapazität in 3 Monaten die auf -19 Punkten (Q4/2023: -36 Punkte) und der erwarteten Ertragssituation in sechs Monaten die auf -23 Punkten (Q4/2023: -42 Punkte) liegen.
Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zeigen klar: „Der Industriestandort Österreich und Europa ist massiv unter Druck. Wir sind konfrontiert mit einer sich beschleunigenden Deindustrialisierung und weiter zunehmendem internationalen Wettbewerb. Wir müssen endlich gemeinsam Realitäten anerkennen: Es braucht ein klares Bekenntnis zu Mehrleistung, um auf dem globalen Markt mitzuhalten“, bekräftigt auch IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner.
Im Hinblick auf die Europawahlen im Juni fordert Kari Ochsner außerdem: „Wir brauchen eine neue europäischen Industriepolitik, mit Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und ökologische Nachhaltigkeit. Vorstöße wie die jüngst präsentierten EU-Reformvorschläge sind grundsätzlich zu begrüßen. Genauso wichtig ist es, eine neue Kultur der Leistung und der Arbeitsmoral zu etablieren. Mehr als gut täte uns eine Debatte über eine Verlängerung der Arbeitszeit auf beispielsweise 41 Stunden pro Woche.“
Die IV-Konjunkturumfrage: Befragungsmethode
Die Befragung, die die IV-NÖ quartalsweise in Auftrag gibt, fand im März 2024 statt. Bei den Detailergebnissen der Konjunkturumfrage der IV kommt die folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, danach wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet. Diese Werte werden auch für die grafische Darstellung der Ergebnisse herangezogen.