Die 16-jährige Katharina ist eine von insgesamt 22 ukrainischen Schülerinnen und Schülern, die derzeit einen speziellen Übergangslehrgang an der HTL Mödling in Niederösterreich besuchen. Sie ist seit März in Österreich, geflüchtet vor dem Krieg in ihrer Heimat Ukraine. Hier hat sich das Mädchen schon gut eingelebt, lernt fleißig Deutsch und denkt darüber nach, was sie einmal werden will. „Lehre und Technik sind interessant“, sagt sie – nur: wo sie sich bewerben soll, das weiß sie nicht wirklich.
So wie ihr geht es aktuell vielen ihrer jugendlichen Landsleute, die nach Österreich geflüchtet sind. Und genau hier hakt ein Projekt der Industriellenvereinigung (IV) ein. Die IV vernetzt dabei Schulen und Betriebe, sodass die Teenies Einblicke in spannende Berufsbilder in der Industrie erhalten. Dabei soll den Burschen und Mädchen die Lehre als attraktive Alternative zum vollschulischen Angebot vorgestellt werden.
Betriebe werben in Schulen für die Lehre
Den Auftakt in Niederösterreich gab es nun in Mödling, mit Vertreterinnen und Vertretern unseres Mitgliedsbetriebes TSA – Traktionssysteme Austria. Das Unternehmen ist der weltweit führende Hersteller von Traktionsantrieben. Die einzelgefertigten Motoren werden in Lokomotiven, High-Speed-Zügen, Elektrobussen oder U-Bahnen eingebaut.
Danijel Cvijanovic, Leiter des Bereichs Produktion & Produktionsplanung und einst selbst Schüler an der HTL Mödling, erzählte vom Unternehmen – und noch viel wichtiger: wie das so ist mit der Karriere und der Lehre im Unternehmen. Aktuell werden jedes Jahr vier neue Lehrlinge aufgenommen. Diese müssen sich in einem Casting stellen, das im Jänner stattfindet. Hier geht es um Basiswissen in Mathematik, Deutsch, Englisch, handwerkliches Geschick und auch, ob man zum Unternehmen passt.
Künftig plant TSA sogar zwischen sechs und acht junge Leute aufzunehmen. „Unsere Lehrlinge bilden weiterhin unser Fundament und mit gelerntem Personal aus dem Ausland wollen wir dann eine schöne Mischung haben“, sagte Cvijanovic zu den Zielen im Ausbildungsbereich.
Der Bereichsleiter erachtet es als sehr wichtig, dass produzierende Unternehmen in die Schulen gehen, sich vorstellen und mit den Einrichtungen kooperieren. „Es wird immer wichtiger, weil die Babyboomer bald in Pension gehen. 2026/2027 wird es immer schwieriger werden, gute Leute zu finden. Und wir sehen natürlich auch, dass der Ausbildungsstand der heutigen Jugendlichen nicht mehr zu vergleichen ist wie beispielsweise vor 15, 20 Jahren.“
Enge Kooperation ist wichtig
TSA arbeitet daher stark mit der HTL Mödling zusammen: „Es geht darum, die Lerninhalte mehr an die Industrie, mehr an die Praxis anzupassen. Dass man den jungen Leuten das beibringt, was in der Praxis wirklich wichtig ist und gewisse Lerninhalte gar nicht mehr unterrichtet, weil die in Zukunft nicht mehr notwendig sind. Diese Zusammenarbeit versuchen wir zu forcieren.“
Für HTL-Abteilungsleiter Robert Razka (Elektrotechnik und Mechatronik), der für den Übergangslehrgang zuständig ist, ist die Einbindung der Industrie sehr wichtig. Er lobt Initiativen wie die der IV, um den Jugendlichen Ideen und Perspektiven zu bieten: „Die jungen Leute gehören ausgebildet.“
Katharina und ihre Klassenkolleginnen und – kollegen fanden den Vortrag von TSA jedenfalls sehr spannend. Spaß machte ihnen auch der „Heiße Draht“, wo sie gleich ihr Geschick unter Beweis stellen konnten. Dabei mussten sie einen Stab entlang eines Drahts führen, ohne diesen zu berühren. Zum Abschluss gab es ein Geschenk – ein Glas Honig von den fleißigen TSA-Bienen, die am Dach des Firmengebäudes produzieren – und eine Einladung. Demnächst werden die Teenager nach Wiener Neudorf fahren, um sich dort live anzuschauen, wie die Produktion bei TSA funktioniert. Und wer weiß: Vielleicht entscheidet sich einer der Teenager für eine Karriere mit Lehre bei TSA.