Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ) für das zweite Quartal 2024, an der 41 Unternehmen mit insgesamt 21.027 Beschäftigten teilgenommen haben, zeigen, dass sich die Wirtschaft in den vergangenen sechs Monaten nicht wesentlich erholt hat und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie weiterhin unter dem starken Kostendruck leidet.
Das Konjunkturbarometer, mit dem das Geschäftsklima als Mittelwert zwischen der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten erfasst wird, hat zwar im zweiten Quartal wieder einen kleinen Schritt in die richtige Richtung gemacht, liegt aber immer noch bei negativen -5,3 Punkten.
„Die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage zeigen ganz klar: In diesem Jahr erwartet die Industrie keine Erholung der wirtschaftlichen Lage mehr“, sagt IV-NÖ-Geschäftsführerin Michaela Roither. „Die Unternehmen werden daher den Sommer nutzen, um sich auf einen schwachen Herbst vorzubereiten. Die Nationalratswahl wird ein entscheidender Tag für die Konjunktur und damit den Wohlstand und die Lebensqualität im Land. Auf die nächste Bundesregierung wartet viel Arbeit: Maßnahmen gegen den Kostendruck und zur Erholung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe sind dringend notwendig“, mahnt Roither. Die für das Exportland Niederösterreich wichtigen Auslandsaufträge sind die letzte Stütze, die die Produktionsbetriebe am Standort halten.
Die Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage ist laut Umfrage in den Industriebetrieben zum zweiten Mal gesunken, von -2 Punkten auf pessimistische -24 Punkte. Das liegt daran, dass mittlerweile 40 Prozent, also fast die Hälfte aller Befragten, die Lage als „schlecht“ bewerten (Q1/2024: 23 Prozent). Nur 16 Prozent der Unternehmen schätzen diese mit „gut“ ein (Q1/2024: 21 Prozent) und 44 Prozent mit „befriedigend“ (Q1/2024: 56 Prozent).
Der aktuelle Auftragsbestand hat sich nicht signifikant verschlechtert, sondern liegt weiterhin im negativen Bereich bei -19 Punkten (Q1/2024: -15 Punkte). Wobei mehr als jeder dritte Betrieb, nämlich 38 Prozent der Unternehmen, den Auftragsbestand als „zu niedrig“ (Q1/2024: 36 Prozent) und 43 Prozent als „saisonüblich“ erachten (Q1/2024: 43 Prozent). Dass der Auftragsbestand nicht stärker gesunken ist, dürfte auch an den derzeitigen Auslandsaufträge liegen. Diese bleiben weiter positiv und werden mit 18 Punkten (Q1/2024: 17 Punkte) optimistisch bewertet. Hier geben nur 22 Prozent (Q1/2024: 11 Prozent) die derzeitigen Auslandsaufträge als „zu niedrig“ an, 38 Prozent (Q1/2024: 60 Prozent) als „saisonüblich“ und mittlerweile 40 Prozent (Q1/2024: 29 Prozent) als „gut“.
Die Unternehmen blicken immer noch mit großer Sorge auf das heurige Jahr und müssen sich auf schwere Entscheidungen vorbereiten. Der Ausblick auf die Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten hat sich zwar von -14 Punkten auf +14 Punkte verbessert – ist aber noch kein Grund zur Freude. Grund dafür ist, dass die Mitte gewachsen ist und nun zwei Drittel, nämlich genau 66 Prozent der Befragten, eine „gleichbleibende“ Geschäftslage bis zum Jahresende erwarten (Q1/2024: 59 Prozent). Allerdings sind die Umfragewerte zur derzeitigen Ertragssituation, nach einem kurzen optimistischen Sprung in den grünen Bereich im letzten Quartal wieder auf -14 Punkte (Q1/2024: -3 Punkte) abgefallen. Die Ertragssituation wird von 41 Prozent (Q1/2024: 13 Prozent) für schlecht befunden. Auch der Ausblick auf die Ertragssituationen in den kommenden 6 Monaten bleibt getrübt bei -20 Punkten (Q1/2024: -23 Punkte) und wird nur noch von 8 Prozent der Unternehmen als „gut“ (Q1/2024: 18 Prozent) eingeschätzt.
Dass in diesem Jahr keine Erholung der Konjunktur mehr erwartet wird, spiegelt sich auch in den Ergebnissen für die Produktionstätigkeit in 3 Monaten die auf -13 Punkten (Q1/2024: -7 Punkte), den Verkaufspreisen in 3 Monaten die auf -23 Punkten (Q1/2024: -3 Punkte) und die Produktionskapazität in 3 Monaten die auf -27 Punkten (Q1/2024: -19 Punkte) abgefallen sind, wider.
Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zeigen auch klar, wie dringend die Umsetzung des jüngst vom neuen IV-Exekutivpräsidium und von den neun IV-Landespräsidenten geforderten Pakets „SOS Wohlstand“ notwendig ist. Dieses beinhaltet acht dringende Maßnahmen für die nächste Legislaturperiode zur Wiederbelebung der Wettbewerbsfähigkeit vor. Dazu zählen die Senkung der Steuern- und Abgabenquote auf 40 Prozent bis 2030, eine dringend notwendige Pensionsreform, die Senkung der Lohnnebenkosten, weniger Bürokratie oder die Stärkung der Exportwirtschaft.
„In Österreich sichert die Industrie ein Viertel aller Arbeitsplätze. In Niederösterreich arbeitet sogar jede zweite Person in einem Industriebetrieb oder bei einem industrienahen Dienstleister. Viele Menschen und ihre Familien profitieren daher direkt von einer starken Industrie. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind notwendig, damit Österreich als Wirtschaftsstandort attraktiv bleibt und wir auch die Leistungen unseres Wohlfahrtsstaates aufrechterhalten können“, fordert IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner abschließend.
Die IV-Konjunkturumfrage: Befragungsmethode
Die Befragung, die die IV-NÖ quartalsweise in Auftrag gibt, fand im Juli 2024 statt. Bei den Detailergebnissen der Konjunkturumfrage der IV kommt die folgende Methode zur Anwendung: Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, danach wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet. Diese Werte werden auch für die grafische Darstellung der Ergebnisse herangezogen.