Niederösterreichs Wirtschaft ist besser durch die Krisen der vergangenen drei Jahre gekommen als viele andere Regionen Europas, sind sich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Wirtschaftskammer NÖ-Präsident Wolfgang Ecker, Industriellenvereinigung NÖ-Präsident Thomas Salzer und Wirtschaftsforscher und IV-Chefökonom Univ.-Prof. Christian Helmenstein einig. Sie machen diesen Befund vor allem an folgenden Faktoren fest: Das Haushaltseinkommen pro Kopf sei hierzulande höher als in jedem anderen Bundesland, das Wirtschaftswachstum lag schon seit der Jahrtausendwende über dem österreichischen Durchschnitt und die Beschäftigungsaussichten mit gut bezahlten Jobs seien so gut wie seit 30 Jahren nicht mehr. Trotzdem beschäftigen Teuerung und Energiekosten Niederösterreichs Wirtschaft weiterhin, der Arbeitskräftemangel werde weiter zunehmen und der internationale Wettbewerb werde rauer. Auf diese Herausforderungen muss auch der Wirtschaftsstandort Niederösterreich geeignete Antworten finden.
„In der Pandemie und auch in der aktuellen Energiekrise waren wir oft zu einer anlassbezogenen Wirtschaftspolitik gezwungen. Die Ereignisse haben sich überschlagen, die Entscheidungen mussten rasch getroffen werden. Daraus ist zum Beispiel die erste Digitalisierungsförderung des Landes gemeinsam mit der WKNÖ entstanden, um unter anderem Betrieben im Lockdown zu helfen. Mit ihr haben wir voll ins Schwarze getroffen: In der Digitalisierung ist unsere Wirtschaft definitiv auf dem Vormarsch. Mittlerweile haben wir seit 2020 über 1.500 Projekte unserer Unternehmen mit dieser Förderung unterstützt“, betonte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und fügte hinzu: „Jetzt geht es darum, uns für die Zukunft gut aufzustellen. Ziel ist es, eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen Europas zu werden. Wir wollen für jede Region in Niederösterreich eine Wirtschaftsvision entwickeln und die größten Zukunftspotenziale definieren und diese heben. Dazu starten wir einen Prozess unter der Expertise von Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein gemeinsam mit der Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftsagentur ecoplus. Ich mache dazu nur zwei Vorgaben: Erstens müssen wir für jede Region eigene Zukunftspotenziale und Stärken identifizieren und diese bestmöglich ausbauen und auch stärken. Zweitens sind unsere Ressourcen kostbar. Die große Herausforderung der Zukunft ist es, mit weniger Ressourcen-Einsatz mehr Wertschöpfung und damit eine höhere Wirtschaftskraft zu erzeugen. Dabei setzen wir auf Technologieoffenheit und die Innovation der Betriebe und nicht auf neue Verbote und Beschränkungen.“
Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich, unterstreicht das Potenzial der Regionen: „Unsere Regionen sind ein Schatz, der es verdient, gefördert und gestärkt zu werden. Niederösterreich hat vielfältige und dynamische Wirtschaftszentren, die es zu fördern gilt. Dabei sollten wir uns nicht nur auf die Ballungsräume konzentrieren, sondern die Potenziale und Stärken unserer ländlichen Regionen nutzen.“ Großes Potenzial für die Wirtschaft sieht Ecker in der Energiewende: „Laut unseren Berechnungen werden allein bis 2030 ca. 14 Milliarden Euro in die Ökoenergieerzeugung sowie in den Netzausbau fließen. Diese Chancen werden unsere Betriebe ergreifen, wenn auch die Rahmenbedingungen – wie die regionale Vergabe von Aufträgen - stimmen.“
Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich, betont vor allem die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit als zentrale Herausforderung der kommenden Jahre: „Der Prozess, den Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner angestoßen hat, ist notwendig. Nach den letzten Krisenjahren und den Änderungen der internationalen Rahmenbedingungen ist eine Neujustierung der bestehenden Wirtschaftsstrategie des Landes unausweichlich. Um weiter international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Digital Transition, die Green Transition und die, durch hohe Energiekosten und Fachkräftemangel, ins Wanken gebrachte Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe wiederhergestellt werden. Um diese große Aufgabe zu meistern braucht es Strategien, die auf jede Region einzeln zugeschnitten sind.“
Wirtschaftsforscher Univ.-Prof. Christian Helmenstein sagte: „Aus ökonomischer Perspektive betrachtet hat sich das Bundesland Niederösterreich binnen weniger Jahrzehnte von einer urproduktionsnahen Regionalwirtschaft zu einem wissensbasierten, technologieorientierten Produktionsstandort mit internationaler Ausstrahlung gewandelt. Das spezifische niederösterreichische Regionalentwicklungsmodell ist durch einen hohen Beschäftigtenstand, eine weitgehend flächendeckende Bildungs-, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur sowie ein exzellenzorientiertes Innovationsgeschehen charakterisiert. Im Ergebnis erreichte Niederösterreich im Vergleich zum österreichischen Durchschnitt einen Wachstumsvorsprung als Ergebnis eines gelungenen Strukturwandels mit über das Land verteilten Entwicklungspolen. Mit dem Studienvorhaben soll dieser Entwicklungserfolg unter veränderten Vorzeichen angesichts zahlreicher Herausforderungen während der nächsten Dekade fortgeschrieben werden.“