Österreich steht wirtschaftlich vor großen Herausforderungen. Die Industrieproduktion ist eingebrochen, die Lohnstückkosten und Arbeitslosigkeit steigen, die Exportquote sinkt. Während andere Länder gezielt Maßnahmen setzen, um ihre Wirtschaft zu stärken, droht Österreich das dritte Rezessionsjahr in Folge. IV-Präsident Georg Knill zeigt sich besorgt über die aktuelle Entwicklung: „Österreich war einst ein wirtschaftliches Vorbild in Europa. Unser Standort war attraktiv, die Wettbewerbsfähigkeit wurde gestärkt, und Investitionen sind Jahr für Jahr gestiegen. Heute sieht die Realität anders aus: Unsere Industrieproduktion ist um 9,5 Prozent gesunken, die Exportquote ist von 62 Prozent auf 57 Prozent gefallen, und wir stehen vor einem weiteren Rezessionsjahr. Ohne entschlossene Reformen riskieren wir, international weiter zurückzufallen. Das gefährdet den Wohlstand in unserem Land.“
In dieser herausfordernden Lage hat die neue Bundesregierung nun ihr Regierungsprogramm vorgestellt. Die Industriellenvereinigung (IV) sieht einige positive Ansätze und Überschriften, betont jedoch, dass der Fokus auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit deutlich verstärkt werden muss. „Dieses Regierungsprogramm ist als Arbeitsprogramm zu verstehen – viele Punkte müssen erst erarbeitet werden“, attestiert Knill.
Positive Tendenzen im Regierungsprogramm, aber unklare Umsetzung
Die IV begrüßt, dass zentrale Standortthemen wie Forschung, Innovation, Bildung, Infrastruktur und Deregulierung adressiert werden. Besonders wichtig sind die geplante Steigerung der Forschungsquote auf über vier Prozent des BIP bis 2030, die Sicherung der Forschungsprämie sowie Verfahrensbeschleunigungen im Bereich von Infrastrukturprojekten. Auch die angekündigte Wasserstoffimportstrategie ist notwendig, um den Anschluss an die europäische Energiewende nicht zu verlieren.
Im Bereich Deregulierung sieht die IV ebenfalls positive Ansätze. Die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Bürokratieabbau sowie die Einführung eines jährlichen Bürokratieberichts sind Schritte in die richtige Richtung. Ebenso wird die geplante Qualitäts- und Ausbauoffensive in der Elementar- und Grundbildung, etwa durch ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, als positiv bewertet.
Knill betont jedoch: „Diese Maßnahmen sind wichtig, aber sie reichen nicht aus, um Österreich aus der Rezession zu führen. Der wirtschaftliche Ernst der Lage wird im Regierungsprogramm anerkannt, doch notwendige Entlastungen für Unternehmen bleiben größtenteils vage. Während Belastungen wie die Bankenabgabe oder der Energiekrisenbeitrag konkret verankert sind, gibt es bei den dringend notwendigen Entlastungen nur Absichtserklärungen. Dieses Ungleichgewicht gilt es nun in der Ausgestaltung der Maßnahmen zu adressieren.“
Belastungen konkret, Entlastungen unklar – Unternehmen brauchen Planungssicherheit
Besonders kritisch sieht die IV, dass wirtschaftlich zentrale Entlastungen entweder spät kommen oder gar nicht konkretisiert werden: Die Lohnnebenkostensenkung wird erst ab 2027 angekündigt. Auch ein klares Bekenntnis zur Ausweitung und Verlängerung der Strompreiskompensation wird vermisst, während die Bundesregierung jedoch konkrete Vorhaben bei der Verlängerung des Energiekrisenbeitrags und Einführung bzw. Erhöhung der Bankenabgabe festschreibt: Diese Maßnahmen hemmen Investitionen und schaffen Unsicherheit. „Unsere Unternehmen brauchen Planbarkeit und Verlässlichkeit. Die Wirtschaft braucht rasch Wachstumsimpulse, sonst droht eine langanhaltende Stagnation“, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Fehlende Strukturreformen im föderalen System und im Pensionssystem und keine Maßnahmen zur Senkung der hohen Steuer- und Abgabenquote werden seitens der IV ebenfalls kritisch angemerkt.
Wachstum als oberste Priorität
Die Industriellenvereinigung appelliert an die neue Bundesregierung, konkrete Maßnahmen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit umzusetzen. Knill abschließend: „Die Regierung hat jetzt die Verantwortung, die Weichen richtig zu stellen. Ohne mutige Reformen droht Österreich eine wirtschaftliche Stagnation. Unsere Hand ist weiter ausgestreckt, die Industriellenvereinigung steht der neuen Bundesregierung auch weiterhin als starke Partnerin mit ihrer Expertise zur Verfügung. Wir brauchen Wachstum als oberste Priorität – keine weiteren Belastungen. Jetzt ist die Zeit zu handeln!“