Wenn ich auf die letzten acht Jahre zurückblicke, die ich an der Spitze der nö. Industrie verbringen durfte, so hat sich einiges verändert. Wer hätte im Jahr 2015 mit den Verwerfungen der Covid-19-Pandemie, einem Gaspreisschock, dem Überfall Russlands auf die Ukraine und einer sich aktuell anbahnenden Großrezession gerechnet?
Es herrscht aktuell tiefe Verunsicherung in der Industrie. Österreich fällt in den Standortrankings zurück, die Rahmenbedingungen für Industrieproduktion sind alles andere als gut. Haben wir alles falsch gemacht? Nein, ich denke nicht. Als IV haben wir sehr wohl durchaus viel erreicht. Dies inkludiert Themen auf Bundesebene wie die Reform des Arbeitszeitgesetzes, eine UVP-Novelle der das Megaprojekt der Abschaffung der kalten Progression. In NÖ konnten wir gemeinsam mit der Landespolitik gezielt auf Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Forschung und Innovation setzen.
Gerade Krisen wie die Covid-Krise haben die enge Partnerschaft der Landespolitik im Interesse des Industriestandorts gezeigt. Ende September wurde die neue Wirtschaftsstrategie des Landes NÖ, „Zukunft.Wirtschaft. Niederösterreich“, vorgestellt, an der auch die IV-NÖ und die Spitzen von über 50 Produktionsbetrieben aktiv mitgewirkt haben. Die Schwerpunkte „Digital wirtschaften“, Ressourcen 2.0“ und „Smarte Vitalität“ sollen sicherstellen, dass sich NÖ auch in Zukunft in allen Regionen dynamisch entwickelt und als Standort attraktiv ist.
Sorge bereiten uns aber andere Themen. Zu rasch steigende Lohnkosten setzen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe aufs
Spiel. Obwohl der Staat durch Zuschüsse und die Abschaffung der kalten Progression die Kaufkraft erhalten hat, fordern die Gewerkschaften unrealistisch hohe Lohnzuwächse; das sozialpartnerschaftliche Augenmaß ist dahin.
Noch ist es nicht zu spät. Aber es müssen jetzt die Weichen gestellt werden, dass Österreich und Europa wieder interessant für Investitionen in die Industrie werden und der Wohlstand und damit der soziale Frieden in diesem Land erhalten bleibt.
Die EU-Klimapolitik und das nationale Golden Plating treiben die Energiepreise in die Höhe, die Kosten für den zu raschen Green
Deal könnten zur Deindustrialisierung Europas führen. Es wäre die Aufgabe der Politik, eine sichere und für Menschen und Betriebe
leistbare Energieversorgung bereitzustellen.
Noch ist es nicht zu spät. Aber es müssen jetzt die Weichen gestellt werden, dass Österreich und Europa wieder interessant für
Investitionen in die Industrie werden und der Wohlstand und damit der soziale Frieden in diesem Land erhalten bleibt. Statt populistischer Rufe nach Vermögens- und Erbschaftssteuern müssen wir endlich unseren Staat und unser Sozialsystem so reformieren,
dass wir an Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, damit auch die nächste Generation noch in Wohlstand leben kann und
der Industriestandort (Nieder-)Österreich Zukunft hat.
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