Welche Maßnahmen erwarten Sie von der nächsten Bundesregierung?
Tiefgreifende Strukturreformen stehen an, die der Wirtschaft eine belastbare Planungsperspektive eröffnen und die kostenseitige Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten. Ein attraktives Umfeld für Investitionen ist der Schlüssel für zukünftigen Erfolg. Das bedeutet eine unzweideutige Festlegung der Politik nicht nur auf einen Belastungsstopp für die Wirtschaft – das allein wäre inzwischen zu wenig –, sondern auf einen tatsächlichen Belastungsabbau, sowohl abgaben- als auch bürokratieseitig. Die von der EU genannte Reduktion der bürokratischen Last um 25 Prozent fällt bei Weitem zu wenig ambitioniert aus – wir benötigen einen Abbau um 75 Prozent, um Wachstumspotenziale freizusetzen.
Im Moment ist die preisliche Wettbewerbsfähigkeit für Österreichs Industrie am globalen Markt nicht gegeben.
Welchen Spielraum haben Unternehmen in dieser Situation noch?
Die Antwort der Unternehmen ist evident: Vor allem größere Unternehmen schaffen kaum noch neue Kapazitäten in Österreich, der Fokus bei Neu- und Erweiterungsinvestitionen liegt auf dem Ausland. Wir sehen eine ausgeprägte Investitionsschwäche im Inland, die sich in einem Kapitalabfluss aus Österreich niederschlägt. Eine weitere Strategie der Unternehmen besteht in rigorosem Sparen. In den vergangenen zwei Jahren haben viele Unternehmen versucht, ihre Arbeitskräfte zu halten, insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Aussicht, dass einmal abgebaute Fachkräfte im nächsten Aufschwung nicht wieder verfügbar wären. Doch angesichts der unbestimmten Dauer der gegenwärtigen Rezession und der enormen Zunahme der Arbeitskosten – rund 20 Prozent in den vergangenen zwei Jahren – sehen sich Betriebe zunehmend gezwungen, diese Strategie aufzugeben. Die Folge ist eine erhebliche Zunahme der Arbeitslosigkeit in der Industrie.
Auf welche internationalen Märkte könnte sich die exportorientierte österreichische Industrie künftig stärker fokussieren? Es mag überraschen, aber Italien sollte wieder verstärkt als Exportmarkt wahrgenommen werden. Das Land litt unter einer ökonomisch verlorenen Generation, war doch zwischen 2000 und 2022 kein reales BIP-Wachstum zu verzeichnen. Doch in den letzten Jahren hat sich die italienische Wirtschaft deutlich besser entwickelt als die österreichische. Dies ist vor allem für die südlichen Bundesländer Österreichs wie die Steiermark und Kärnten sowie Tirol eine erfreuliche Nachricht, insbesondere, da unser größter Handelspartner im Norden, Deutschland, zuletzt ähnliche Schwächen zeigte wie Österreich. Auch die Chancen in Zentral- und Osteuropa sollten weiterhin genutzt werden, da die Region weiterhin deutlich schneller wächst als Westeuropa; insbesondere die größeren Länder wie Polen und Rumänien. Trotz der Erwartung einer konjunkturellen Abschwächung in den USA bleibt dieses Land der wichtigste Fernmarkt für Österreich. Zusätzliche Chancen ergeben sich aus einer verstärkten Exportdiversifikation: Hier besteht aus derzeitiger Sicht ein überdurchschnittliches Potenzial in aufstrebenden Staaten wie Indonesien, Saudi-Arabien und der Türkei – immer vorausgesetzt, die Standortbedingungen in Österreich erlauben eine wettbewerbsfähige Produktion hierzulande.