Beim ersten gemeinsamen Industrieforum der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ) und der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) diskutierten IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner, IV-OÖ-Präsident Stefan Pierer, EU-Kommissar Johannes Hahn und die deutsche Journalistin und Bestseller-Autorin Nena Brockhaus über globale Herausforderungen und Europas Zukunftsvisionen.
St. Valentin – die 9.300-Einwohner-Gemeinde liegt an der Grenze zwischen Niederösterreich/ Oberösterreich und war damit der perfekte Ort für die Premiere des neuen Veranstaltungsformats der IV NÖ und IV OÖ am 12. April 2024. Das Experience Center der CNH stand an diesem Tag unter dem provokanten Titel "Industriestandort Europa: Das Märchen vom leistungslosen immerwährenden Wohlstand". Rund 250 geladene Gäste aus Industrie, Wirtschaft, Politik und Medien kamen, um an einer durchaus lebhaften Diskussion teilzunehmen, die sich auf die Notwendigkeiten konzentrierte, um den europäischen Industriestandort in einer sich rasch wandelnden globalen Wirtschaftslandschaft zu stärken.
In einer Keynote betonte der von IV NÖ und IV OÖ geladene Gast EU-Kommissar Johannes Hahn (Haushalt & Verwaltung), wie wichtig die gemeinschaftliche Anstrengung ist, um Europa gestärkt aus der aktuellen wirtschaftlichen Lage hervorgehen zu lassen. „Die EU sind wir alle, und jeder kann seinen Beitrag leisten“, so Hahn.
Der anschließende Talk mit den Präsidenten Ochsner und Pierer sowie Kommissar Hahn wurde von der deutschen Journalistin und Bestsellerautorin Nena Brockhaus moderiert. Dabei ging es vertiefend um die verschiedenen Standpunkte über die Zukunft des Industriestandorts Europa – zwischen Bürokratie, Regulierung, Handelsverträgen, Leistung, globaler Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftschancen.
„Die EU ist alternativlos, ein Friedensprojekt und wichtiger Binnenmarkt. Ich glaube auch, dass viele Dinge gut gemeint sind und der Gedanke ursprünglich richtig war, aber die Umsetzung muss man hinterfragen. Ein Beispiel dafür ist das Lieferkettengesetz. Deregulierung und Entbürokratisierung sind dringend notwendig. Allein von 2019 bis 2023 gab es 850 neue juristische Ideen auf 5.000 Seiten. Das ist nicht stemmbar.“ (IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner zur EU)
„Die schleichende Deindustrialisierung hat bereits begonnen. Das heißt, in die Standorte hier wird nicht mehr investiert. Selbst der Mittelstand beginnt sich außerhalb von Österreich umzusehen. Das sind Alarmsignale. Wir alle sind bekennende Österreicher. Wir alle sind Idealisten, als Unternehmer und Manager. Wir wollen hierbleiben, wir wollen hier die Wertschöpfung sicherstellen – solange es uns möglich ist.“ (Ochsner zum Industriestandort Österreich)
„Europa, einst weltweit führender Industriestandort, sieht sich heute mit einem deutlichen Rückgang beim Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung konfrontiert. Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Investitionen gehen an Amerika und Asien verloren. Europa braucht eine Neuorientierung und einen Industrial Deal.“ (IV-OÖ-Präsident Stefan Pierer zur EU)
„Ein gut ausgebildeter Ingenieur in Mattighofen (OÖ) arbeitet 1.650 Stunden. Der gleiche Ingenieur in China arbeitet 2.570 Stunden und verdient um 20 Prozent weniger.“ (Pierer zum Thema Leistung)
„Wir müssen uns im Klaren sein, dass es Wohlstand nicht zum Nulltarif gibt. Dafür muss man sich engagieren, aktiv sein, etwas arbeiten und leisten. Diese Grundhaltung muss man in der Gesellschaft wieder stärker verankern.“ (EU-Kommissar Johannes Hahn zum Thema Leistung)
„Um unsere strategische Unabhängigkeit zu fördern und globale Risiken zu streuen, brauchen wir Handelsabkommen. Solche Abkommen stärken auch den regelbasierten internationalen Handel und verankern unsere höheren europäischen Standards für Verbraucher-, Umwelt- und Arbeitnehmerschutz auf globaler Ebene.“ (EU-Kommissar Johannes Hahn)
„Der europäische Binnenmarkt funktioniert nicht mit einer Vier-Tage-Woche und vom Homeoffice aus." (Moderatorin Nena Brockhaus)
Fotos vom Industrieforum NÖ + OÖ finden Sie hier: Bildgalerie
Über das Industrieforum NÖ + OÖ:
Das Industrieforum NÖ + OÖ ist Teil der verstärkten Kooperation zwischen den Industriellenvereinigungen Niederösterreich und Oberösterreich und soll künftig einmal pro Jahr stattfinden. Ziel der Zusammenarbeit der beiden Landesorganisationen ist es, gemeinsame Strategien für Wachstum, Innovation und eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit für Österreich und Europa zu entwickeln.