Wie hat sich das Geschäft Ihres Unternehmens im Jahr 2024 entwickelt?
Josef Scheidl: Das Jahr 2024 war gekennzeichnet durch die wirtschaftliche Rezession und Kostensteigerungen in den verschiedensten Bereichen. Trotzdem haben wir durch rechtzeitig getroffene Maßnahmen ein stabiles Ergebnis erzielt.
Was sind Ihre Erwartungen für das heurige Jahr?
2025 wird wirtschaftlich auch noch herausfordernd werden – daher sind Vorsicht, aber auch Agilität gefragt. Für die österreichische Kreislaufwirtschaft stehen auch bedeutende Veränderungen an: So soll z. B. die Einführung des Einwegpfands für Plastikflaschen und Getränkedosen zu einer spürbaren Reduktion von Verpackungsabfällen in der Natur führen. Wir haben in den letzten Jahren gute Vorarbeit für diese Veränderungen geleistet. 2025 wollen wir unsere innovativsten Erfolgsprojekte wie den KI-gestützten Störstoffscanner, das Brantner Slagtory, mit dem Ziel, mehr als 90 Prozent des verbrannten Restmülls zu recyceln, und die Biogas-Erzeugung aus Biomüll weiter ausbauen. Zusätzlich setzen wir die Umstellung unseres Fuhrparks auf innovative und umweltfreundliche E-Mobilität fort.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrer Branche?
Die größten Herausforderungen liegen in der zunehmenden Komplexität der Abfallströme, strengeren Recyclingquoten und den damit verbundenen hohen Anforderungen an die Technologieentwicklung. Wir begegnen diesen Herausforderungen mit kontinuierlicher Innovation, Investitionen in neue Technologien und einer engen Zusammenarbeit mit Unternehmern, Politik und anderen Partnern.
Sie haben in zahlreichen Ländern Niederlassungen und damit einen guten Vergleich: Was läuft in Österreich gut bzw. weniger gut im Vergleich zu anderen Standorten?
In Österreich setzen wir derzeit die neuesten und innovativsten Lösungen für die Kreislaufwirtschaft in die Tat um, die wir aufgrund des jahrelangen Fokus auf Forschung und Entwicklung entdeckt haben. Weiters schaffen wir es hier, auch schon über Unternehmensgrenzen hinweg entlang der ganzen Wertschöpfungskette mit anderen Firmen und den Gemeinden zusammenzuarbeiten und somit ganzheitliche Ansätze für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Was uns helfen würde, wäre eine klare Rechtslage im Rahmen der Kreislaufwirtschaft, damit man bei den in Zukunft erforderlichen Investitionen auf eine gewisse Planungssicherheit bauen kann.
Wie bewerten Sie den Standort Niederösterreich?
Niederösterreich ist unsere Heimat – hier liegen unsere Wurzeln und unsere Zukunft. Unsere engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jeden Tag bei Wind und Wetter zuverlässig einen wichtigen Beitrag für unser Land leisten, sind das Herzstück unserer Arbeit und der Schlüssel zu unserem Erfolg. Unser Beitrag zu einer sauberen Umwelt wird durch die gute Zusammenarbeit mit den Kommunen zum Wohle unserer Gemeinden ermöglicht.
Was sind Ihrer Meinung nach die größten Missverständnisse über Recycling und Kreislaufwirtschaft in der Öffentlichkeit?
Viele glauben, eine einzelne Maßnahme alleine, wie z. B. eine höhere Recyclingquote, löse alle Umweltprobleme. Jedoch ist alles nur Teil einer Gesamtlösung, und die heißt Kreislaufwirtschaft. Dennoch kann jeder einen Beitrag leisten, indem er richtig trennt, denn der Mythos, dass am Ende alle Müllströme zusammengeworfen werden, hält sich zwar hartnäckig, ist jedoch falsch.
Wie können Verbraucher ihre Kaufentscheidungen so treffen, dass sie die nachhaltige Kreislaufwirtschaft unterstützen?
Indem sie Produkte und Ressourcen länger im Kreislauf halten, sei es durch Erzeugnisse aus recycelbaren Materialien, aber auch durch Secondhand-Käufe, Reparaturen oder bewusste Kaufentscheidungen für langlebige Produkte. Jeder Konsument kann so einen direkten Beitrag leisten.
Wie sehen Sie die Rolle von Unternehmen in Bezug auf Umweltverantwortung und nachhaltige Entwicklung in den kommenden Jahren?
Nicht nur wir als Recycler, sondern alle Unternehmen tragen eine Schlüsselrolle, da sie durch intelligentes Produktdesign und nachhaltige Wertschöpfungsketten die Kreislaufwirtschaft maßgeblich vorantreiben können. Wir sind alle gefordert, Umweltverantwortung als festen Bestandteil unserer Geschäftsstrategien zu verankern.
Was ist Ihre Vision für die Zukunft der Abfallwirtschaft?
Ich habe eine vollständig geschlossene Kreislaufwirtschaft vor Augen, in der Abfall vollständig als Ressource genutzt wird. Von einer Welt ganz ohne Deponien sind wir noch weit entfernt, aber wir sind diesem Ziel in den letzten Jahren bereits bedeutend nähergekommen und lassen nicht locker.
Zum Abschluss: Brantner ist seit Kurzem Mitglied der IV-NÖ – herzlich willkommen! Warum haben Sie sich für die Mitgliedschaft entschieden? Wir sind nicht nur Entsorger, sondern auch Versorger, da wir Abfälle in neue Ressourcen verwandeln können, zum Beispiel Biomüll in Kompostprodukte oder Biogas sowie Restmüll in recycelbare Metalle bzw. in grünen Beton. Wir gestalten die Zukunft der Kreislaufwirtschaft aktiv mit und versuchen, auch selbst nachhaltig zu agieren – etwa indem wir uns in Form der bundesländerübergreifenden Brantner Energiegemeinschaft teilweise selbst mit Strom versorgen. Wir schätzen die IV als Plattform für den Dialog und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, um gemeinsam innovative Lösungen voranzutreiben.
ZUM UNTERNEHMEN
Brantner ist ein Familienbetrieb in dritter Generation, der Hauptsitz ist in Krems an der Donau. Die Haupttätigkeitsbereiche sind Entsorgung und Kreislaufwirtschaft (Brantner green solutions) sowie Transport und Logistik (Brantner logistic solutions). Die Brantner Gruppe ist neben Österreich in der Slowakei, Tschechien, Rumänien und Serbien tätig. Sie umfasst 65 Niederlassungen bzw. Joint Ventures mit insgesamt 2.745 Mitarbeitern. Brantner arbeitet für über 26.000 Kunden, darunter mehr als 1.000 Gemeinden und Städte.