Wie läuft das Geschäft in einem Umfeld, das derzeit als herausfordernd gilt?
Colle: Aktuell ist das Umfeld schwierig, aber es läuft laut Plan. Die Bestelleingänge korrelieren mit unserer Planung. Und der Aufbau des Unternehmens – das ist ja eigentlich das Wesentliche – schreitet so voran, wie wir es geplant haben, mit dem Personal, das wir aufnehmen und brauchen. STYR ist noch ein junges Unternehmen.
Was ist Ihre Vision?
Bauer: Unsere Vision ist es, die unterschiedlichen technischen Gewerke in einer Gruppe zu bündeln – damit auf der Baustelle kooperativ und gesamthaft gebaut werden kann. Wir sehen uns als Generalunternehmer für komplexe technische Anlagen. Europa steht vor dem Bau kritischer Infrastruktur – von Chipfabriken über Pharma- und Batterieproduktion bis hin zu Rechenzentren und Rüstungsindustrie. In diesen Projekten sind technische Anlagen ein wesentlicher Wertschöpfungsfaktor. Da braucht es Unternehmen, die das gesamtheitlich können. Wir arbeiten mit Hochdruck auf dieses Ziel hin, mittelfristig exakt dieser Anbieter zu sein.
Sie denken dabei über den österreichischen Markt hinaus?
Bauer: Ja, definitiv. Wir sagen: Wir machen Europa zukunftsfit.
Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?
Bauer: Es ist ein Mix aus organischem und anorganischem Wachstum. Organisch heißt, wir wachsen mit jedem neuen Bauprojekt. Das hat viel mit Vertrauen und Netzwerk zu tun. Die Auftraggeber müssen uns kennen. Diesbezüglich ist es wichtig, alle Fragen hinreichend zu beantworten; wie zum Beispiel nach Referenzprojekten, Zuverlässigkeit oder Termintreue. Vor allem Qualität ist ein wichtiges Thema, sowohl in der Planung als auch in der Ausführung. Anorganisch wiederum heißt: Wir holen Unternehmen in die Gruppe, die am Markt Reputation und Vertrauen genießen. Und so bauen wir unsere Struktur Schritt für Schritt auf.
Sie bezeichnen sich nicht als Startup, aber auch nicht als klassisches Gebäudetechnik-Unternehmen. Wo sehen Sie sich?
Bauer: Wir sind definitiv kein Startup. Ein Startup hat eine hohe Fehlertoleranz, da freut man sich, wenn man etwas lernt. Das geht bei uns nicht. Unsere Kunden wollen keine Experimente, sondern eine funktionierende Anlage. Wir bauen zuverlässig Qualität. Aber wir sind ein dynamisches Unternehmen, das vorwärts denkt, die Chancen am Markt erkennt und sagt: Wir müssen kooperativ bauen, wir müssen ein Projekt ganzheitlich denken. In der Regel wird im Bauprozess oft zuerst geplant, dann vergeben, dann neu geplant, dann das Budget angepasst – und am Ende bekommt der Auftraggeber oft etwas anderes als ursprünglich intendiert. Wenn alle Auftragnehmer zu einem möglichst frühen Zeitpunkt an einem Tisch sitzen, hat der Auftraggeber den Vorteil, dass es schneller, günstiger und qualitativ hochwertiger wird – weil er genau das bekommt, was er will.
Welche Technologien und Trends beeinflussen Ihr Geschäft am stärksten?
Colle: Prinzipiell ist jede Arbeit mit hohem Wiederholfaktor automatisierbar – und das ist für mich das zentrale KI-Thema. Digitalisierung ist oft nur: „Erst auf dem Zettel, dann im Computer.“ Das bringt keine echte Effizienz. Es geht um Automatisierung – in der Kalkulation, in der Buchhaltung, in der Planung. Aber die Branche ist zersplittert, es fehlt an Standardisierung. Unser Bestreben ist, genau diese Standardisierung zu forcieren; denn nur dann kann man wirklich automatisieren. Und das wäre auch ein Hebel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Bauer: Für uns ist KI auch Treiber der Nachfrage. KI braucht Infrastruktur: AI-Factories, Edge-Datencenter, Hyperscaler. Österreich ist da relevant; Wien und der Standort Österreich liegen an einer Tier-2-Linie. Hier wird es viel Bewegung geben – denn Unternehmen sind bereit, Datenspeicherung auszulagern.
Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Österreich als Industriestandort zukunftsfähig bleibt?
Bauer: Es braucht Fokus auf Standortpolitik: Investitionsanreize, attraktive Unternehmensbesteuerung, Investitionsfreibeträge, Lohnkostensenkung. Diese Faktoren sind entscheidend im internationalen Wettbewerb – und heben am Ende auch den Wohlstand. Industrie bringt Beschäftigung. Und vielleicht ist das nicht mehr die Industrie von vor 40 Jahren, aber es ist Industrie auf einem neuen Level – und die brauchen wir in Europa.
Ihr Hauptsitz ist in Mödling. Wie bewerten Sie den Standort Niederösterreich?
Colle: Sehr zufrieden! Die Infrastruktur ist gut, und wir sind in einem Bereich, wo in Österreich – gemeinsam mit dem oberösterreichischen Zentralraum – am meisten gebaut wird.
Angenommen, Sie könnten drei Dinge am Industriestandort Niederösterreich sofort ändern – welche wären das?
Colle: In der Vergangenheit wurde viel in Technologie- und Forschungszentren investiert. Das hat viel bewirkt; es haben sich Unternehmen entwickelt, die dann eigene Standorte brauchten. Da passiert jetzt weniger. Ich würde mir in diesem Bereich wieder mehr Bewegung wünschen!
Bauer: Ich ergänze noch zwei Punkte: Erstens brauchen wir mehr Lehrlinge; mehr junge Leute, die ins Handwerk oder in die Industrie wollen. Das schafft Beschäftigung und ist ein klarer Standortvorteil. Zweitens: Förderungen für Unternehmen, die sich was trauen – Forschungs- oder Investitionsförderung. Das bringt Attraktivität. Wenn das kommt, funktioniert der Rest von selbst.
Zum Unternehmen
STYR Group ist eine Beteiligungsholding im Eigentum der Ambrella21. Sie versteht sich als Investmentgesellschaft – spezialisiert auf den Erwerb und die Entwicklung von Unternehmen mit Fokus auf technischem Gebäudeanlagenbau. Ein zentraler Aspekt ist der aktive Managementansatz, bei dem die Führungsteams der übernommenen Unternehmen eng zusammenarbeiten, um die operative Effizienz zu steigern, Kosten zu optimieren und Wachstumschancen zu identifizieren. STYR Group verfolgt mittels Buy-and-Build-Strategie eine langfristige Wertschöpfung. Ihre Investmentstrategie konzentriert sich auf Unternehmen mit einer stabilen Ertragssituation und hoher Reputation. Die Zielgröße des Umsatzes liegt zwischen 20 und 100 Mio. Euro. www.styr-group.com