Dabei war der Aufruhr vorab so groß: Demos, Online-Kampagnen, ja sogar – und das lag jenseits von konstruktiver Kritik – regelrechte Kampfansagen und Drohungen mit Pflastersteinen und Grablichtern. Rund um die Einführung des neuen Arbeitszeitgesetzes gingen in der Sozialpartnerschaft die Wogen hoch wie schon lange nicht mehr. Und nun, ein halbes Jahr nach Einführung des Gesetzes, ist es auffällig ruhig – was aber auch zu erwarten war. Denn aus Sicht der Industrie war immer schon klar: Unterm Strich ändert sich für die Beschäftigten nicht viel. Die propagierte 60-Stunden-Woche und auch der 12-Stunden-Tag waren ein Mythos. Insgesamt darf über einen klar definierten Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen nicht länger als 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden. Aus gutem Grund gib es daher seit der Einführung des neuen Arbeitszeitgesetzes gerade einmal vier Fälle, die beim Sozialministerium zur Schlichtung liegen.
Wenn ein Gesetz so wenig negativen Impact hat, aber so viel an positiven Möglichkeiten für beide Seiten – Beschäftigte und Betriebe – schafft, dann ist es doch grundsätzlich gut. Umso unverständlicher waren daher auch die im Herbst geforderten Lohnerhöhungen, für die mit dem neuen Arbeitszeitgesetz argumentiert wurde. Dabei sind das zwei Themen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben! Außerdem befindet sich Österreich heute in einer massiven Wettbewerbssituation und verzeichnet keine hohen Fortschritte in der Produktivität mehr. Daher können Unternehmen im Unterschied zu den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren nicht mehr so enorme Lohnerhöhungen einräumen. Im Gegenteil – vielmehr müssen wir aufpassen, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten eines drohenden Abschwungs nicht unnötig beschädigen. Unsere Lohnkosten sind aufgrund der hohen Nebenkosten im internationalen Vergleich ohnehin sehr hoch – auch höher als in Deutschland. Zudem wachsen sie auch schneller als in anderen Ländern.
Aber ebenso wie die Debatte rund um das Arbeitszeitgesetz, sind vorerst auch die Forderungen nach höheren Lohnabschlüssen passé – zum Glück. Vielleicht bleibt jetzt mehr Zeit, um sich auf die wesentlichen Themen zu konzentrieren – etwa die viel versprechenden Berufs- und Verdienstchancen im MINT-Bereich, allein schon aufgrund des immer akuter werdenden Fachkräftemangels. Die Debatte um das Arbeitszeitgesetz hat jedenfalls gezeigt: Es wurde unnötig viel Energie vergeudet, statt wichtigere Themen voranzutreiben. Kurzum: Viel Lärm um Nichts.