Im Rahmen des Gipfels „Wirtschaft und Arbeit im Dialog“ im Landhaus in St. Pölten analysierten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Arbeitsmarkt-Landesrat Martin Eichtinger und Wirtschafts-Landesrat Jochen Danninger heute, Montag, gemeinsam mit Experten, Sozialpartnern und Unternehmern die aktuellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt und präsentierten im Anschluss neue Maßnahmen und Initiativen.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner betonte eingangs, dass die Analyse zeige, dass Corona „nicht nur Krankmacher, sondern auch Neumacher“ sei. „Der Arbeitsmarkt und die Wirtschaft werden sich nachhaltig verändern“, betonte Mikl-Leitner, dass man Vieles „neu denken“ müsse und es wichtig sei, „den Menschen mit weiteren Initiativen am Arbeitsmarkt größtmögliche Sicherheit und auch neue Perspektiven zu geben“. Ein besonderes Augenmerk habe man dabei „auf besonders betroffene Zielgruppen“ gelegt, nämlich junge Menschen, die kaum oder keine Berufserfahrung hätten und die ältere Generation (50+), die es besonders schwer habe, bei Arbeitsverlust wieder eine Neuanstellung zu bekommen.
„Wir setzen Initiativen im Ausmaß von 69 Millionen Euro. Damit können wir 9.000 Personen unterstützen, sie wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, führte die Landeshauptfrau aus, dass die größte Lehrlingsoffensive, die es in Niederösterreich jemals gegeben habe, noch einmal erhöht werde und zwar auf 54 Millionen Euro. Als weitere Maßnahme soll die Arbeitsmarkt-Initiative Jobchance 50+ ausgeweitet werden. Als dritte Maßnahme nannte die Landeshauptfrau das „Sonderprogramm für zusätzliche Pflegekräfte“, so werde das Angebot der NÖ Bildungsförderung geöffnet und es werden erstmalig nicht nur Weiterbildungen, sondern auch Umschulungen gefördert und zwar für die Berufsgruppen Heimhelferin, Sozialbetreuerin in der Altenarbeit, Familienarbeit und für Menschen mit Behinderung, Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz. Die maximale Förderung beträgt dabei 2.500 Euro.
Christian Helmenstein, Leiter des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung, präsentierte Empfehlungen für Niederösterreich, um auf die Corona-Krise zu reagieren: „Diese Großkrise beschleunigt den wirtschaftlichen Strukturwandel enorm. Um dennoch möglichst viele Personen in Beschäftigung zu halten oder nach einem Jobverlust wieder in Arbeit und Brot zu bringen, ist die aktive Arbeitsmarktpolitik stark gefordert.“ Das Spektrum möglicher Maßnahmen reicht dabei von Um- und Neuqualifizierungen über ein verstärktes Berufswahlcoaching in den Schulen bis zum Digitalisierungsmentoring.
Christoph Schneider, Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Handelspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, analysiert: „Bei der aktuellen Krise handelt es sich um einen Nachfrage- und Angebotsschock mit dem zunehmenden Problem der fehlenden Konsummöglichkeiten. Dabei treffen Liquiditätsengpässe und der Nachfragerückgang vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Der Wirtschaftsbarometer der WKO zeigt für die KMU in den nächsten zwölf Monaten einen Rückgang der Auftragslage. Maßnahmen zur Unterstützung der Liquidität und Investitionen wie Senkungen der Lohnnebenkosten und Unternehmenssteuern sowie Initiativen zur Konjunkturbelebung wie sie bereits gesetzt wurden, sind daher das Gebot der Stunde.“
Arbeitsmarkt-Landesrat Martin Eichtinger: „Gerade in Krisenzeiten ist es umso wichtiger, Jugendlichen Perspektiven aufzuzeigen und neue Chancen zu bieten. Die Lehrlinge von heute sind unsere Fachkräfte von morgen. Mit der Aufstockung der ‚NÖ Lehrlingsoffensive‘ auf 54 Millionen Euro unterstützen wir junge Menschen auf ihrem Weg in die Arbeitswelt. Jetzt ist es unerlässlich, vermehrt auf die Ausbildung insbesondere junger Menschen in Niederösterreich zu setzen“, so Eichtinger. Auch für Arbeitnehmer über 50 gibt es zusätzliche Unterstützung: „Das Programm ‚Jobchance‘ bietet Menschen über 50 die Möglichkeit, befristet von Gemeinden oder gemeinnützigen Vereinen angestellt zu werden. Jeder Dritte findet dadurch einen fixen Arbeitsplatz, deshalb bauen wir die bisher 600 Plätze auf 1.000 Plätze aus. Dafür nehmen wir gemeinsam mit dem AMS NÖ 14 Millionen Euro in die Hand.“
Wirtschafts-Landesrat Jochen Danninger berichtet hierzu: „Das Mitte September präsentierte Konjunkturprogramm in der Höhe von 229 Millionen Euro soll wirkungsvolle Anreize für die regionale Wirtschaft sowie Investitionen und Innovationen für unsere Betriebe setzen. Darin enthalten sind zielgerichtete Maßnahmen, wie die Verdoppelung der Innovationsförderung. Hier werden beispielsweise bei der Digitalisierungsförderung im Jahr 2021 weitere 10 Millionen Euro folgen, um in Summe bis zu 800 Betriebe zu unterstützen. Ab November wird die Förderung auch für Großbetriebe geöffnet. Eine weitere Maßnahme stellt die Erhöhung der Finanzierungshilfen für niederösterreichische Unternehmen dar, um Investitionen, Wachstum und Ansiedlungen zu ermöglichen. Diese und viele weitere Maßnahmen im Konjunkturprogramm sollen in den kommenden zwei Jahren Investitionen von rund einer halben Milliarde Euro (450 Millionen Euro) auslösen. Dadurch wollen wir einen verlässlichen Partner für die Unternehmen in herausfordernden Zeiten darstellen. Gemeinsam werden wir den Weg aus der Krise bestreiten und den Wirtschaftsaufschwung für Niederösterreich gestalten.“
AMS NÖ-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich: „Die Corona-Krise hat alle Menschen am Arbeitsmarkt getroffen. Besonders hart traf es junge Menschen und die Generation 50 plus. Junge Menschen können kaum berufliche Erfahrung vorweisen und laufen Gefahr, dass das Tor zum Berufseinstieg und zu einem selbstbestimmten Leben für lange Zeit verschlossen bleibt. Einmal arbeitslos geworden, bedeutet für die Generation 50 gerade in schwierigen Zeiten, sich auf eine sehr lange Arbeitsplatzsuche einstellen zu müssen. Wir werden unser Versprechen, am Arbeitsmarkt niemanden zurückzulassen, halten. Daher knüpfen wir mit der ‚Jobchance‘ niederösterreichweit ein dichtes Netz an regionalen beruflichen Einstiegsmöglichkeiten für Jobsuchende im Alter ab 50. Darüber hinaus garantiert das AMS, dass junge Jobsuchende, die arbeitslos oder lehrstellensuchend in Niederösterreich vorgemerkt sind, nicht länger als drei Monate auf einen geeigneten Arbeits- oder Ausbildungsplatz warten müssen.“
Der Präsident der Wirtschaftskammer NÖ Wolfgang Ecker hebt hervor: „Gerade in schwierigen Zeiten bewährt sich die Kommunikation auf Augenhöhe und die Lösungsorientiertheit aller Partner in Niederösterreich.“ Konkret weist Ecker auf aktuelle Initiativen hin, die Unternehmen bei der Ausbildung ihrer Fachkräfte unterstützen: „Die Auswirkungen der Corona-Krise dämpfen auch die Möglichkeiten mancher Unternehmen, Lehrlinge auszubilden. Wir werden diese Fachkräfte von morgen aber noch dringend brauchen – beim Durchstarten nach Corona wie beim künftigen Unternehmenserfolg. Genau hier setzen wir mit COVID-19 Ausbildungsverbünden und der COVID-19 ÜBA an.“
Der Präsident der Industriellenvereinigung NÖ Thomas Salzer erklärt: „Die Krise hat uns gezeigt, dass es für alle großen Fragen der Zukunft – sei es der Klimawandel, künstliche Intelligenz oder eben die Bekämpfung einer Pandemie – Talente aus dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich braucht. Auch in diesen schwierigen Zeiten kommen die Industrieunternehmen ihrer Verantwortung als bedeutender Ausbilder und Arbeitgeber im Land nach und suchen Lehrlinge und Fachkräfte. Die IV-NÖ und die WKNÖ-Sparte Industrie haben daher die Online-Plattform noeindustrie.at neugestaltet, die vor allem Jugendlichen die Karrierechancen in der Industrie aufzeigt. Wesentlicher Bestandteil dabei ist die interaktive Industrielandarte, auf der alle niederösterreichischen Industriebetriebe mit den dort möglichen Karrierechancen dargestellt sind.“
Der Präsident der Arbeiterkammer NÖ Markus Wieser: „COVID-19 ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine große Herausforderung. Es gibt nahezu keinen Bereich, der von den sich laufend ändernden Corona-Bedingungen ausgenommen ist. Das betrifft natürlich auch Jugendliche.“ Aus diesem Grund wurden die AK-Lehrlingscoaches und WK-Lehrstellenberater in den vergangenen Wochen ganz gezielt zu COVID-Beraterinnen und -Beratern ausgebildet. „Weil es jetzt besonders wichtig ist, den Blick bei Lehre und Ausbildung auf jene neuen Themen und Fragen zu richten, die durch diese Pandemie aufgekommen sind“, so Wieser. Auch die Weiterentwicklung der Bildungskarenz wurde konstruktiv besprochen, um zielgerichtetere Unterstützung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anbieten zu können, die sich beruflich neu orientieren oder ihre Kenntnisse vertiefen wollen.