Verschwommene Menschenmenge
Arbeit, Soziales, Gesundheit

Faktisches Pensionsantrittsalter hängt an gesetzlichen Altersgrenzen

Ruf nach Bonus-Malus Quotenmodell ideologiegetrieben und verfehlt – Teilpension positiv, kann aber Strukturreform nicht ersetzen

27.6.2025

Österreichs Pensionssystem ist nicht nachhaltig, die öffentlichen Pensionsaufwendungen liegen gemessen als Anteil an der Wirtschaftsleistung um 70 bis 80 Prozent höher als in Dänemark, Schweden oder den Niederlanden, das faktische Pensionsantrittsalter ist mit Werten niedriger als Anfang der 1970er Jahre besonders gering. Will man das ändern, muss man an der Wurzel ansetzen, dem gesetzlichen Pensionssystem, das nach wie vor mit niedrigen Altersgrenzen und laxen Zugangsvoraussetzungen zum möglichst frühen Pensionsantritt geradezu einlädt.

„Es braucht eine faktenbasierte Pensionsdebatte. Soll das faktische Pensionsantrittsalter steigen, brauchen wir eine strukturelle Pensionsreform, die weit geöffneten Türen in die Frühpension müssen geschlossen, Altersgrenzen endlich demografischen Realitäten angepasst werden. Aber einerseits mit aller Kraft für Frühpensionsregelungen einzutreten oder diese gar ausweiten zu wollen, gleichzeitig jedoch die Betriebe für deren Inanspruchnahme an den Pranger zu stellen ist unsachlich. Die wiederholten Rufe nach Bonus-Malus Quotenmodellen für Ältere gehen am eigentlichen Problem vorbei und zielen nur auf eine bürokratische Zusatzbelastung sowie die Pönalisierung der ohnedies unter hohem Druck stehenden Betriebe, was ideologiegetrieben und verfehlt ist“, hält Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), anlässlich der heutigen Pressekonferenz der AK zur Älterenbeschäftigung fest.

82 Prozent der neuen Pensionistinnen und Pensionisten geben laut Statistik Austria als Hauptgrund für die Beendigung der Erwerbstätigkeit und Inanspruchnahme der Alterspension an, dass die Voraussetzungen für den Pensionsantritt erfüllt waren. Rund drei Viertel der Menschen in Österreich gehen direkt aus einer Erwerbstätigkeit in die Alterspension. Und auch aktuell zeigt sich: Die stufenweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters für Frauen führt laut AMS ganz überwiegend zu zusätzlicher Beschäftigung.

Teilpension praktikabel ausgestalten, wirksamen Nachhaltigkeitsmechanismus implementieren

Die IV steht einem Teilpensionsmodell, zu dem heute die Begutachtungsfrist endet, im Sinne eines flexibleren Übergangs vom Erwerbsleben in die Pension grundsätzlich positiv gegenüber (IV-Stellungnahme zum Teilpensionsgesetz). Das Teilpensionsmodell muss jedoch für die Betriebe praktikabel und unbürokratisch ausgestaltet werden, die Detailregelungen zur Arbeitszeitreduktion werden hierbei kritisch gesehen. Die Teilpension ist auch nicht geeignet, dringend gebotene strukturelle Reformschritte im Pensionssystem zu ersetzen und darf auch nicht durch die generelle Zählung von Teilpensionisten als Erwerbstätige zu einer „Statistikverzerrung“ führen.

Bemühungen zur Implementierung eines Nachhaltigkeitsmechanismus sind ausdrücklich zu begrüßen, ein jährliches Berichtswesen zur Nachhaltigkeit des Pensionssystems stellt jedoch keinen echten Mechanismus dar. Ein wirksamer Mechanismus erfordert darüber hinaus einen tatsächlich nachhaltigen Zielpfad, ein gesichertes zeitnahes Gegensteuern bei Pfadabweichung (ab dem Folgejahr, nicht erst eine Reformdiskussion ab der zweiten Hälfte des Jahres 2031!) und klare präzise Vorgaben hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen im Pensionssystem.

„Wer über nachhaltige Reformen diskutieren will, sollte sich nicht in ideologisch geführten Schuldzuweisungen verlieren. Eine ehrliche und faktenbasierte Debatte muss sich auf die wirksamen Hebel im Pensionssystem konzentrieren – insbesondere auf die gesetzlichen Altersgrenzen. Nur so kann die Finanzierung langfristig gesichert und soziale Fairness gewährleistet werden“, so Neumayer abschließend.