Die aktuelle dramatische Situation auf den Gas- und Strommärkten greift mittlerweile die Substanz des Wirtschaftsstandorts Österreichs an: „Wir sind nun an dem Punkt angelangt, an dem sich die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger fragen müssen – Wie können wir eine erfolgreiche und zukunftsfitte produzierende Industrie in diesem Land halten?“, so der Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Georg Knill. Vor diesem Hintergrund fordert die Industrie die Schaffung eines „Extreme-Peak-Modells“, um Extremspitzen beim Gaspreis auszugleichen. Dabei sollen Kosten, die beim Gaseinkauf entstehen ab einer gewissen Grenze staatlich subventioniert werden. Dadurch wird einerseits rasch Entlastung für die akut getroffenen Betriebe geschaffen und andererseits auch Planungssicherheit für die Kalkulation in der Produktion. Darüber hinaus soll der Strompreis vom Gaspreis entkoppelt werden. Dazu ist auf Basis der bestehenden Merit Order ein Höchstpreis für Strom durchzusetzen, etwa indem der Gasverbrauch für Kraftwerke staatlich gestützt wird. Ein solcher Eingriff ist durch verbrauchsseitige Maßnahmen zu unterstützen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mittelfristig hat eine Anpassung der bestehenden EU-weiten Regeln des Strommarktdesigns zu erfolgen. Diese Anpassung sollte nur temporär wirken und das Grundprinzip der marktbasierten Strompreisbildung nicht grundsätzlich verworfen werden.
Wirtschaftliches Handeln ist oftmals nicht mehr möglich. „Binnen eines Jahres gab es an den Spotmärkten eine Versechsfachung der Strompreise sowie eine Verzehnfachung der Gaspreise. Wir haben es derzeit mit einer absoluten Ausnahmesituation zu tun. Die Wahrscheinlichkeit von Produktionsdrosselungen und Arbeitslosigkeit in Österreich steigt, sofern nicht konsequent und schnell entgegengesteuert wird. Es droht eine Kernschmelze im österreichischen industriellen Mittelstand und damit in den Lieferketten. Angesichts der dramatischen Lage fordert die Industrie eine Begrenzung des Strompreises und einen Ausgleich für Extrem-Spitzen beim Gaspreis. Es herrscht dabei höchste Dringlichkeit“, beschreibt Knill die aktuelle Lage.
Daher brauche es neben der Ausweitung und Verlängerung der Strompreiskompensation und des Energiekostenzuschuss auf 2,5 Mrd. Euro für Unternehmen, die gerade mit dem Rücken zur Wand stehen, mehr Luft zum Atmen – dafür sind jetzt rasch pragmatische Mittel zur Stärkung der Liquidität umzusetzen. Unter anderem braucht es staatliche Garantien zur Absicherung von Betriebsmittelkrediten sowie die Einführung eines Verlustrücktrags, der sich bereits während der Pandemie als Liquiditätshilfe bewährt hat. Zusätzlich kann ein adaptiertes Rücklageninstrument – ähnlich der Covid-19-Rücklage – für eine noch raschere Verfügbarkeit von dringend notwendigen finanziellen Mitteln sorgen.
„Die hohen Energiepreise sind ein (mittel-)europäisches Problem – in den USA sind die Gaspreise beispielsweise um das 7-fache niedriger. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf, um die Kostensituation für die österreichische produzierende Industrie einzudämmen, denn 61,5 % unserer Waren müssen auf internationalen Märkten bestehen“, so Knill abschließend.