Der Fachkräftemangel bleibt eine der größten Herausforderungen für die Unternehmen. Studie über Lebenseinkommensprofile bestätigt Rolle der Industrie als Wohlstandsmotor im Land.
Aus Sicht der niederösterreichischen Industrie ist das neue Regierungsprogramm großteils positiv zu bewerten. „Es wurden viele Forderungen der Industrie aufgenommen. Zu Themen wie der Fachkräfteoffensive und MINT-Förderung wird in Niederösterreich bereits viel unternommen“, so Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV-NÖ), im Rahmen einer Pressekonferenz bei der Geberit Produktions GmbH & Co KG in Pottenbrunn.
Salzer: „Klimaschutz und Industrie sind kein Widerspruch“
Erfreulich sei, dass sich die neue Bundesregierung dazu bekenne, dass Klimaschutz und eine starke Wirtschaft keine Widersprüche sein dürfen. „Positiv ist dabei auch der starke Fokus auf Forschung und Innovation, denn hier kann die Industrie viel beitragen, um umweltschonende Technologien voranzutreiben. Was jedoch nicht passieren darf, ist, dass klimaschonende Produktion ins weniger klimaschonende Ausland abwandert – das schadet der Umwelt sowie unserem Wohlstand“, so Salzer.
Kritisch zu beurteilen sei zudem die Ablehnung des Mercosur-Abkommens, wobei die Formulierung „in dieser Form“ noch auf Gestaltungsspielraum hindeutet. „Richtig ausverhandelt, kann Mercosur für fairen Freihandel und mehr Wohlstand sorgen“, erklärt Salzer. Was im Regierungsprogramm fehle, seien konkretere Bekenntnisse zu Reformen im Bereich Verwaltung, Pensionen oder Gesundheit, so Salzer.
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und auf die Verdienstchancen in der niederösterreichischen Industrie hinzuweisen, hat die IV-NÖ eine Studie über die Lebenseinkommensprofile in Auftrag gegeben. „Die Ergebnisse zeigen, dass Industrielehrberufe ein höheres oder zumindest gleich hohes Lebenseinkommen wie einige Berufe mit Universitätsausbildung bieten“, so IV-Chefökonom Christian Helmenstein. Demnach hat ein studierter Informatiker erst im 42. Lebensjahr den Vorsprung eines Lehrabsolventen im Bereich Systemtechnik überholt. „In vielen Fällen führt eine Lehrausbildung mit Matura sowie der Möglichkeit, ein Studium abzuschließen zu den besten Verdienstmöglichkeiten. Leider entscheiden sich vor allem junge Frauen immer noch zu selten für technische Lehrberufe, obwohl sie damit ein deutlich höheres Lebenseinkommen hätten “, so Helmenstein.
„Der aktuelle Fachkräftemangel und diese Studienergebnisse zeigen, wie dringend wir junge Menschen brauchen, die sich für Naturwissenschaften und Technik interessieren. Nur so können wir auch in Zukunft den Wohlstand in Niederösterreich sichern“, so IV-NÖ-Bildungssprecher und Geberit-Geschäftsführer Helmut Schwarzl. Das neue Regierungsprogramm adressiert viele bildungs- und gesellschaftspolitischen Anliegen der Industrie und ist damit eine große Chance, zentrale Bildungsreformen umzusetzen. „Besonders erfreulich sind die Fortsetzung der MINT-Offensive, die Bildungspflicht sowie die Mittlere Reife oder die Stärkung des Fachhochschul-Sektors. Schade ist hingegen, dass sich die Koalitionspartner im Schulbereich nicht zu mutigeren Reformen durchringen konnten. Nach wie vor fehlt es an einem parteiübergreifenden Bildungsdialog, an strategischen Zielbestimmungen für Bildung sowie an einer umfassenden Begabten- und Spitzenförderungsstrategie“, so Schwarzl.