Wolfgang Litzlbauer, CEO der Umdasch Group, über Wachstumsstrategien, die Dynamik Asiens und seine Sorge um die steigende Sattheit entwickelter Gesellschaften.
Wie geht es der Umdasch Group aktuell?
Wolfgang Litzlbauer: Global gesehen sind wir sehr zufrieden. Wir werden heuer um die 10 Prozent wachsen. Das zeigt uns, dass die Richtung, die wir mit unserer Wachstumsstrategie 2021 eingeschlagenen haben, stimmt. Wir streben eine starke, möglichst gleichgewichtete Präsenz in allen großen Weltwirtschaftszentren an, neben Europa sind das Asien und Nordamerika.
Wo sehen Sie die größten Chancen und Risiken für die kommenden Jahre?
Aktuell sehen wir die größten Entwicklungen am asiatischen Markt. In Malaysien haben wir vor zwei Jahren eine Firma für Aluminiumschalungen übernommen. Damit ist es uns gelungen, am asiatischen Markt richtig Fuß zu fassen. Wir kommen gerade von unserem jährlichen Leadership Summit aus Kuala Lumpur zurück. Die Begeisterung über die Dynamik wirkt bei den 150 Führungskräften noch immer nach. Die Gesellschaft in Asien ist geprägt von einem Mindset, das Leistung als Hebel für wachsenden Wohlstand erkennt. Die Menschen wollen für sich und ihre Familien etwas erreichen. Sie sind hungrig. Das ist wirksamer für die Entwicklung einer Volkswirtschaft als jedes politische Instrument. Diese intrinsische Motivation ist ein Treiber, der speziell Europa vielfach abhandengekommen ist. Womit ich damit auch die Frage nach dem größten Risiko beantwortet habe: die Sattheit entwickelter Gesellschaften. Ich stehe dieser Entwicklung mit großer Sorge gegenüber.
Österreich war schon immer ein Hochlohnland und Hochsteuerland, inzwischen ist der Standort noch viel teurer geworden. Wie sehr schmerzt das?
Litzlbauer: Sehr. Wobei das Problem deutlich weitreichender ist. Ich spreche absichtlich von einem Problem und nicht verharmlosend von einer Herausforderung. Das eine sind die hohen Lohnkosten. Die freizügigen Zugeständnisse bei den KV-Verhandlungen der Post-Covid-Jahre schlagen sich in Preisen nieder, die am Markt kaum durchzusetzen sind. Das gelingt nur mehr einigen wenigen hochspezialisierten Unternehmen. Und verstehen Sie mich nicht falsch: Am Wohlstand sollen möglichst alle partizipieren. Aber im Moment leben wir von der Substanz, die vorangegangene Generationen geschaffen haben. Und auf Kosten zukünftiger Generationen, die die Rechnung für einen Luxus, den wir uns nicht leisten können, irgendwann begleichen müssen. Wohlstand baut auf Leistungsbereitschaft auf. Nicht auf Anspruchsdenken. Aber die Menschen sind nicht dumm: Wenn es sich nicht lohnt, mehr zu arbeiten, warum sollten sie das tun? Politik belohnt die, die es sich gemütlich machen. Und bestraft die Fleißigen. Zu Ihrer Frage: In meiner Verantwortung für über 11.000 Menschen und einem Umsatz von über 2 Milliarden Euro ist die fehlende Leistungsgerechtigkeit in der Tat mein größter Schmerzpunkt, wenn ich an die Zukunft Europas, speziell Österreichs und Deutschlands denke. Hier gehen in der wertschöpfenden Industrie täglich Arbeitsplätze verloren, während die Beschäftigung im öffentlichen Dienst massiv steigt. Seit 2008 ist dort die Anzahl der Vollzeitbeschäftigten um 1/5 angewachsen. Bei allem Respekt vor der Arbeit in den Rathäusern Österreichs: Wachstum entsteht durch Wertschöpfung, nicht durch Verwaltung.
Wie lange ist Produktion hier noch wirtschaftlich, und was braucht es, damit sie es bleibt?
Litzlbauer: An unserer hochautomatisierten Produktion in Amstetten rütteln wir nicht. Sie liefert technologische Spitzenprodukte im High-End-Bereich, die in der ganzen Welt gefragt sind. Aber wie schon erwähnt: Wir wollen uns in allen großen ökonomischen Zentren der Welt gleichgewichtet aufstellen. Globalisierung bedeutet nicht, Produkte made in Austria in die ganze Welt zu exportieren. Es bedeutet, dass wir eine globale Strategie unter Bezug auf lokale Gegebenheiten und Kundenanforderungen in der Region umsetzen. Wir nennen das „glokal“. Heißt aber nicht, dass wir die Produktion in Amstetten redimensionieren. Es soll ja nicht das Wachstum außerhalb Europas das Geschäft in Europa substituieren. Im Gegenteil: Wir wollen überall wachsen. Wobei die Geschwindigkeiten unterschiedlich sind. In Europa gilt es, unsere Marktanteile abzusichern. In den anderen Regionen sind wir sehr expansiv unterwegs.
Gibt es Argumente, die weiterhin klar für den Standort Österreich sprechen?
Litzlbauer: Ja, die gibt es. Unser Standort in Österreich vereint geballte Expertise aus vielen Jahrzehnten. Wir bündeln hier ein einzigartiges Know-how, das untrennbar mit unseren Mitarbeitenden verbunden ist. Es sind also unsere internen Stärken, die für Österreich sprechen. Blickt man auf die Rahmenbedingungen, die Wirtschaft hier vorfindet, werden die Argumente deutlich dünner.
Welche Rolle spielen Automatisierung und Künstliche Intelligenz in Ihrer Standortstrategie?
Litzlbauer: Eine ganz wesentliche. AI hat Einzug in all unsere Unternehmensbereiche gehalten. Einen speziellen Fokus richten wir auf digitale Produkte für unsere Kunden. Die Doka zum Beispiel hat auf der bauma Doka 360 vorgestellt, das ist weit mehr als eine App. Das ist die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette der Schalung am Bau. Durch Digitalisierung und Automatisierung unserer eigenen Prozesse und Standards halten wir uns trotz der schwierigen Rundumbedingungen, die Wirtschaft in Österreich vorfindet, wettbewerbsfähig.
Welche Rolle spielt die Ventures-Sparte bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle?
Litzlbauer: Im Sinne unserer Wachstumsstrategie eine ganz wichtige. Ich bin ein starker Unterstützer der Idee des Innovationshubs auf Gruppenebene. Ich finde diesen Ansatz goldrichtig. Was wir verändert haben, ist die strategische Ausrichtung: Die Aktivitäten der Umdasch Group Ventures richten sich nun direkt an der Gruppenstrategie aus. Zuvor waren die Felder undefiniert. Nun haben wir einen klaren Rahmen für die Akquisitionen und Entwicklungen.
Was werden aus Ihrer Sicht die Gamechanger der Zukunft sein?
Litzlbauer: Eindeutig die Digitalisierung mit der Speerspitze KI. Ich beschäftige mich damit wirklich intensiv, weil mich fasziniert, was inzwischen möglich ist. Die Herausforderung ist: Wie wenden wir KI richtig an, damit sie ihre Wirkung in puncto Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit voll entfalten kann? Was ich ablehne, ist Digitalisierung um der Digitalisierung willen. Sie muss schon Mehrwert bringen.
Was bedeutet Führung für Sie persönlich und worauf achten Sie bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besonders?
Litzlbauer: Mir ist Unternehmenskultur sehr wichtig. Wir leben ein Performance-Mindset, das durch Werte und Grundsätze definiert ist und sich in Kompetenzen manifestiert. Ich achte sehr darauf, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, diese Haltung teilen und vor allem eine Eigenschaft mitbringen: die Bereitschaft, sich jeden Tag aufs Neue verbessern zu wollen.
ÜBER DIE UMDASCH GROUP
Die global tätige Umdasch Group beschäftigt weltweit rund 11.000 MitarbeiterInnen. Das im Familienbesitz befindliche Unternehmen bildet die Holding über drei Divisionen. Doka ist führend bei Schalungs- und Gerüstlösungen für den Bau. umdasch The Store Makers ist Spezialist für Ladenbau-Lösungen. Die 2025 gegründete umdasch Industrial Solutions bietet Gerüste für den Betrieb von Industrieanlagen.


